Vorige Woche war ich in Los Angeles. Zuerst verbrachte ich ein paar wunderbare Tage mit meiner Schwester und dann drei sehr inspirierende und intensive Tage mit meinem Mentor Michael Neill.
Die letzten Stunden vor meinem Rückflug nach Wien blieb ich in Santa Monica. Ich wachte zeitig in der Früh auf und spazierte schon früh morgens durch die Straßen. Es war nicht viel los. Die ersten Menschen gingen zur Arbeit und ein paar Taxis brachten Gäste von und zum Flughafen. Einige Obdachlose suchten sich eine Unterkunft für den Tag.
Plötzlich stand ein Mann vor mir und sprach mich an. Innerhalb von Sekunden hatte ich das Gefühl mein Herz steht still, mein Körper spannte sich an und ich machte einen Schritt zurück.
Mein System signalisierte mir „Gefahr“.
Der Mann wollte mich nur etwas fragen. Als mein Gehirn das erkannte, entspannte sich mein Körper sofort wieder und ich konnte in Ruhe die gewünschte Antwort geben.
Ich gehe davon aus, dass du auch solche Situationen kennst. Du stehst einer nicht einschätzbaren Situation gegenüber und plötzlich beginnt dein Herz zu rasen, dein Muskeln spannen sich an, dein Atem geht schneller.
Das ist Angst
Angst ist eine Emotion, die bei einer Bedrohung bei vielen Tieren einschließlich des Menschen auftreten Als grundlegende stammesgeschichtlich herausgebildete Warn- und Schutzfunktion reagieren wir bei Angst mit Flucht, Angriff oder Todstellen, um Situationen zu vermeiden, die Schmerzen, Verletzung und Tod zur Folge haben können.
Wir schalten vom logisch denkenden Hirn in das sogenannte Stammhirn oder auch Reptilienhirn genannt. Alle Funktionen, die wir nicht benötigen, werden heruntergefahren und alles ist einzig und alleine darauf bedacht, dass wir Leb und Leben (unseres oder das unserer Liebsten) verteidigen.
Diese Art der Angst ist nützlich und überlebensnotwendig.
Allerdings kommt es in unseren Breitengraden zum Glück nicht mehr so oft vor, dass wir unser Leben beschützen müssen. Trotzdem erfahren viele Menschen das Gefühl von Angst. Angst vor dem Versagen. Flugangst. Angst vor Menschen zu reden und viele, viele mehr.
Angst versus Sorge
Diese Angst ist jedoch keine Angst, sondern viel mehr eine Sorge. Ich unterscheide diese zwei Wörter folgendermaßen:
Angst: Eine tatsächliche Situation, der wir gegenüberstehen, die Schaden für Leib und Leben zur Folge haben könnte. Zum Beispiel, wenn wir einem Tiger gegenüber stehen.
Sorge: Eine gedachte Situation, die möglicherweise Schaden anrichten kann. Zum Beispiel die Vorstellung, dass wir ausgelacht werden könnten, wenn wir vor einer großen Menge reden.
Natürlich, die Gefahr besteht, dass wir an einer schweren Krankheit erkranken. Dass wir mit unserem Business in Konkurs gehen. Dass wir einen Lieblingsmenschen verlieren. Oder selbst sterben. Ja, all diese schlimmen Dinge passieren. Aber sie passieren nicht, weil wir uns Sorgen machen und auch nicht, weil wir uns zu wenig Sorgen gemacht haben. Sie passieren einfach.
Der Gruselfilm im Kopf
Ich kenne Menschen, die vor der Gefahr des Hochwassers komplett durchdrehen, als allerdings das Hochwasser da war, wussten sie genau was zu tun war und waren komplett klaren Geistes.
Das Problem mit den herbeigedachten Katastrophen ist, dass wir nichts tun können. Wir können nicht aktiv werden, sondern sind unseren Geschichten, die uns unser Gehirn vorspielt, hilflos ausgeliefert. Wenn wir uns einen Grusel-Film im Kino ansehen, haben wir mehrere Möglichkeiten:
- Wir können den Saal verlassen, wenn wir uns zu sehr fürchten
- Wir fürchten uns zwar, beruhigen uns aber selbst – weil es ist ja nur ein Film
- Wir drehen bei ganz gruseligen Szenen den Kopf weg, das andere lassen wir über uns ergehen, weil es uns doch einen gewissen Kick beschert.
Wenn in unserem Kopf ein Grusel-Film abläuft, dann allerdings meinen wir, Ohhhhh – das ist real! Das ist die Wirklichkeit! Wir kommen gar nicht auf die Idee den Saal zu verlassen oder uns zu sagen – hey ok, das ist nur ein Film in meinem Kopf. Das ist nicht real.
Das weltbeste Trickfilm-Studio
Tatsache aber ist, dass jede Situation, vor der wir uns fürchten und der wir nicht real gegenüberstehen (also wir sind nicht im Krankenhaus, kein Tiger steht unmittelbar vor uns, der Gerichtsvollzieher teilt nicht das Sofa mit uns) eine erfundene Geschichte unseres Gehirns ist. Immer! Zu 100 %!
Wir tragen das allerbeste Trickfilm-Studio der Welt in unserm Kopf spazieren. Alle Studios in Hollywood würden Millionen bezahlen, könnten sie so ein trickreiches Equipment zur Verfügung haben.
Innerhalb von Sekunden können wir von einem katastrophalen Kriegsfilm zu einem spannenden Thriller bis hin zu einer bezaubernden Romantik-Komödie wechseln. Mit den passenden Schauspielern, Requisiten, Musikeinsätzen ausgestattet. Manchmal glauben wir sogar den Duft der Rosen oder des warmen Apfelkuchens zu riechen.
Das alles kann unser Gehirn.
Das allerdings – ist alles nur ein Trick.
Das alles ist nur real, solange wir glauben, dass es real ist!
Und es macht uns solange Angst, solange wir unserem Film glauben und meinen, dass er die Wirklichkeit widerspiegelt. Natürlich haben wir dann Angst vor dem Konkurs, vor Krankheit, vor dem Gefühl des Ausgelacht werden.
Aber es ist nur ein Trick.
Es ist zwar der weltbeste Trick.
Aber eben nur ein Trick :-).
Und das Gute ist: Wie im Kino kannst du jederzeit den Kinosaal verlassen und dir klar machen, dass das was du gerade für sehr real gehalten hast, nur eine Erfindung deines Gehirnes war. Wir haben die Macht unsere Gedanken in Frage zu stellen und sie für das zu entlarven, was sie sind: Eine Illusion und ein Trick.
Mir ist klar, dass es gar nicht so einfach ist, diese Tricks zu entdecken. Natürlich glauben wir, dass alles was wir sehen, hören und denken wahr ist. Wir hätten ja sonst das Gefühl, die ganze Zeit von uns selbst aufs Glatteis geführt zu werden.
Aber all unseren Gedanken zu glauben, führt zu sehr viel Stress und Druck. Denn das große Problem ist, dass wir unsichtbare Monster bekämpfen. Nur mit welchen Waffen? Was führt zum Erfolg und tötet das Monster?
Wir meinen zwar, dass wenn wir die Sache durchdenken, uns Strategien überlegen oder Schuldige suchen, dass wir etwas tun. In der Welt des Denkens gibt es immer etwas, was wir tun können. Und wir erschaffen uns die Welt mit unserem Denken, weil wir dann meinen die Welt kontrollieren zu können, während wir die Welt selbst nicht kontrollieren können.
In Wahrheit allerdings gibt es nur eine einzige Möglichkeit unser Monster zu bekämpfen: Es als Illusion zu erkennen und nicht mehr an deren Existenz zu glauben. Wenn uns das gelingt, sind wir ganz plötzlich frei und die Last, die uns lange Zeit das Leben schwer gemacht hat, fällt von unseren Schultern.
Hier sind ein paar Fragen über die du heute reflektieren kannst:
- Welchem Monster begegnest du in deinen Gedanken immer wieder und glaubst, dass du einer realen Gefahr gegenüberstehst?
- Welche speziellen Situationen sind es, in denen dich dein Monster besucht?
- Was würde sich in deinem Leben verändern, wenn sich dieses Monster ganz plötzlich in Luft auflöst?
Erzähle mir von deinem Monster. Hinterlasse mir einen Kommentar und erzähl mir was du für dich erkannt hast.
Alles Liebe
Silvia
Es stellt sich immer mehr heraus, dass „Glaube Dir nicht alles, was Du denkst.“ in vielen Situationen sehr hilfreich ist.
Liebe Ingrid,
diese Erkenntnis ist ganz sicher der Schlüssel zu viel mehr Leichtigkeit und inneren Frieden.
Schön, dass es dir immer mehr gelingt :-).
Alles Liebe
Silvia