Wieder ein neues Jahr und vielleicht hast du dir beim Jahreswechsel ein paar gute Vorsätze in dein Handgepäck gesteckt. Mehr Sport, mehr freie Zeit, ein Buch schreiben oder den Umsatz in deinem Business erhöhen.
Obwohl der Jahreswechsel auch nur ein Sprung von einem Tag auf den anderen ist, bedeutet er für viele Menschen ein Startschuss. Der Beginn „ein neues Leben zu führen“, alte Gewohnheiten abzulegen und neue zu etablieren. Eigene Ideen und Projekte zu planen und mit dem guten Vorsatz versehen: Diesmal mache ich es aber wirklich.
Allerdings, und das hast du vielleicht auch schon erfahren, haben diese Pläne ein sehr schnelles Ablaufdatum.
Laut Studien werden nur 30 % der „guten Vorsätze“ tatsächlich umgesetzt. Ein Großteil gibt bereits nach drei Wochen auf und nach einem halben Jahr können sich überhaupt nur noch 50 % an den Vorsatz erinnern.
Ich habe über 15 Jahre als Projektleiterin gearbeitet und habe sehr viele Projekte scheitern gesehen. Und auch als Selbstständig, sowohl bei meinen eigenen Vorhaben, als auch bei meinen KundInnen oder KollegInnen, konnte ich dieses Phänomen erkennen.
Denn es ist ja nicht so, dass wir nur an unseren Neujahrs-Vorsätzen scheitern. Wir scheitern auch an Projekten, die wir das ganze Jahr planen. Viele, viele gute Ideen sind wieder in der Schreibtischlade gelandet – einfach, weil wir nicht bis zum Schluss an ihnen gearbeitet wurden.
Aber warum bleiben wir so oft erfolglos?
Hier stelle ich dir vier Gründe vor, warum wir immer wieder an unseren Vorsätzen und Projekten scheitern:
1. Der Vorsatz (das Projekt) soll etwas für uns tun
Einer der häufigsten Gründe ist die falsche Zielsetzung. Viele Projekte sollen etwas für uns tun – zumeist uns ein besseres Gefühl bescheren. Wir wollen abnehmen, damit wir uns attraktiver fühlen. Wir wollen mehr Follower, damit wir uns akzeptierter fühlen. Wir wollen mehr verdienen, damit wir uns sicherer fühlen.
Die Welt wäre so viel einfacher, wenn tatsächlich äußere Umstände, mehr Geld oder weniger Gewicht, uns zufriedener und glücklicher machen würden.
Allerdings kommen unsere guten (und auch unsere schlechten) Gefühle nicht von Ereignissen, die in der Außenwelt stattfinden. Ich kenne Menschen mit sehr hohem Einkommen, die trotzdem immer Angst um ihre Existenz haben. Und ich kenne Frauen in Kleidergröße 36, die sich trotzdem nicht attraktiv fühlen.
Projekte fühlen sich als gescheitert an, weil sie uns das gewünschte Gefühl nicht schenken können. Wir haben einen großen Auftrag an Land gezogen und trotzdem fühlen wir uns nicht sicherer. Wir haben fünf Kilo abgenommen und trotzdem fühlen wir uns nicht attraktiver. Was zur Folge hat, dass wir noch mehr Auftrage dazu gewinnen und mehr Kilo verlieren müssen.
Bei einem neuen Projekt ist also erste Priorität, herauszufinden, welches wirkliches Ziel wir mit dem erfolgreichen Abschluss verbinden.
Für dich:
Welches Vorhaben hast du für 2020 geplant?
Was erhoffst du dir davon?
Machst du es, weil du wirklich Spaß daran hast oder weil du solltest oder müsstest?
2. Wir starten nicht
Der nächste Grund, warum wir an unseren Vorhaben scheitern ist, dass wir gar nicht erst anfangen.
Weil, es sowieso zum Scheitern verurteilt ist.
Weil wir es uns nicht leisten können.
Weil, man so etwas nicht tut.
Weil es kindisch ist, überheblich, egoistisch.
Weil wir nicht die richtige Person sind und so weiter und so fort.
Diese Gedanken scheinen sehr real und wahr für uns. Wenn so ein Gedanke auftaucht, dann muss er doch wahr sein. Oder vielleicht doch nicht?
Wahrscheinlich ist nicht alles möglich. Aber zumeist denken wir uns aus einer Idee schon heraus, bevor wir überhaupt begonnen haben.
Wie oft lassen wir uns von Ideen und Träumen abbringen, weil sie ohnehin „unmöglich“ umzusetzen sind.
Das „Problem“ mit diesen zweifelnden Gedanken ist, dass sie uns eine Realität vorspielen, die es so nicht gibt. Denn wenn jetzt nicht unbedingt dein Plan ist, mit 30 zum Fußballspielen anzufangen und in zwei Jahren in der Champions-League spielen zu wollen, dann wüsste ich kaum Träume, die nicht umsetzbar wären. Natürlich sind wir biologischen und physikalischen Gesetzen unterworfen. Aber zumeist ist viel mehr möglich, als wir uns vorstellen können.
Der große Irrtum ist, dass wir glauben, schon am Start alles genau wissen zu müssen. Wir müssten eine genaue Vorstellung davon haben, was am Ende das Ergebnis ist. Wir müssten den Weg genau sehen. Und auch die Hindernisse und Hürden.
Da wir jedoch den Verlauf nicht wissen können und wir ins Unbekannte steigen müssen, lassen wir oft lieber die Finger davon. Das ist sicherer. Das verhindert, dass wir uns blamieren und andere über uns lachen.
Ohne Risiko werden wir allerdings unsere großen und auch kleinen Träume nicht erfüllen. Daher ist das erste Risiko, das wir nehmen müssen, den Sprung ins Ungewisse zu wagen. Und dann darauf vertrauen, dass sich alles Weitere ergeben wird.
‘Writing is an exploration. You start from nothing and learn as you go. It’s like driving a car at night. You never see further than your headlights, but you can make the whole trip that way.’ E.L. DOCTOROW
Dieses Zitat gilt nicht nur fürs Schreiben, sondern für jedes Projekt, das wir vor uns haben.
Für dich:
Ganz gleich, was dein Vorhaben ist, mache einfach den ersten Schritt und der nächste wird sich zeigen.
Denke nicht darüber nach, ob es möglich oder unmöglich ist.
Ob es möglich ist, wirst du erst wissen, wenn du dich in Bewegung gesetzt hast.
3. Wir hören zu früh auf
Als unser Hund, damals als neun Wochen alter Welpe, zu uns kam, war das die reinste Freude. Ich hatte mir schon immer einen Hund gewünscht, jetzt war es endlich soweit. Zwei Wochen später, wollte ich dieses kleine Monster so schnell wie möglich wieder loswerden. Er war anstrengend, ich konnte kaum schlafen und von „ihn im Griff haben“ war keine Spur. Dasselbe Gefühl hatte ich auch, als mein Sohn ganz klein war. Wie sehr sehnte ich mich nach ein paar Stunden Ruhe. Oder bei meinem Business, wenn es nicht so lief, wie ich es mir wünschte.
Aufhören und sich freudvolleren Dingen zuwenden, ist eine sehr menschliche Verhaltensweise. Unser Kopf ist voll mit Gedanken, die schlechte Gefühle bei uns auslösen. Also verabschieden wir uns von Dingen oder Menschen, die scheinbar dafür verantwortlich sind.
Wenn ich an die Welpen-Zeit zurückdenke aber auch an die erste Zeit in meinem Business, dann wechselten sich meine Gefühle ab von „ich will das alles nicht mehr“ bis hin zu „das gebe ich nie wieder her“. Manchmal stündlich. Was war richtig?
Beides. Nämlich je nachdem, was ich mir im Moment dachte. Das Business und der Welpe waren dieselben. Geändert haben sich nur meine Gedanken dazu.
Ein längerfristiges Projekt ist vergleichbar mit einem Marathon. Immer wieder kommen wir an unsere Grenzen, die Geschichte wird mühsam und am liebsten würden wir alles hinschmeißen, damit es sich nicht mehr so anstrengend anfühlt. Auch wenn es sich um unser Herzensprojekt handelt, sind wir vor anstrengenden und zermürbenden Situationen nicht gefeit.
Ein negatives Gefühl ist kein Zeichen, dass etwas schiefläuft. Es ist zuerst mal nur der Hinweis, dass wir negative Gedanken dazu haben. Auch sagen sie uns nicht, dass wir in die falsche Richtung laufen. Einzig und alleine sind es negative Gedanken, die negative Gefühle auslösen. Punkt.
Solange wir jedoch kein klares und eindeutiges „STOPP“ erhalten, ganz gleich, ob von außen oder von innen, solange ist der Zeitpunkt zum Aufhören noch nicht gekommen.
Und ein „ich fühle mich schlecht“ ist kein eindeutiges „Stopp“.
Für dich:
Steckst du in einem längerfristigen Projekt, dann werden auch zweifelnde Gedanken auftauchen. Hänge dich nicht zu sehr an sie, sondern lasse sie weiterziehen, wie die Wolken am Himmel. Arbeite einfach weiter oder gönne dir eine kurze Ruhe-Pause.
4. Die Timeline ist zu kurz
Ich habe in den letzten Jahren hunderte von Projekte geleitet und es gab wirklich kein einziges, dass genau zum Stichtag mit genau dem geplanten Umfang fertig wurde. In 90 % der Fälle benötigten wir mehr Zeit, als vorher gedacht. Mussten wir zum geplanten Zeitpunkt fertig werden, dann wurde an den Inhalten geschraubt.
In vielen Büchern oder Artikel lesen wir, dass wir nur einen sehr guten Plan benötigen, damit wir unsere Vorhaben durchbringen. Dem kann ich leider nicht zustimmen. Denn auch der detaillierteste Plan verhindert nicht, dass etwas Unvorhergesehenes dazwischenkommt.
Ein Plan ist gut, gibt uns eine Richtlinie. Aber es ist halt auch nur etwas Geschriebenes auf einem Blatt Papier. Nicht mehr und nicht weniger.
Ob der Plan funktioniert und aufgeht, sehen wir erst im Laufe der Zeit. Nämlich dann, wenn wir ins Tun gekommen sind und Schritt für Schritt unserem Projekt Leben einhauchen. Da stellen wir fest, dass Dinge, die uns vorher Kopfzerbrechen bereiteten, plötzlich wie am Schnürchen laufen. Dafür andere Punkte, an deren Umsetzung wir nie gezweifelten hätten, sich plötzlich als große Hürden erweisen.
Selten funktionieren Dinge so, wie wir sie vorher gedacht haben. Überraschungen sind vorprogrammiert, wir wissen nur nicht welche und wann sie auftauchen.
Daher wäre es fatal, ein Projekt als gescheitert anzusehen, nur weil es nicht in der zugeteilten Zeitspanne abgeschlossen wurde.
Für dich:
Stehst du gerade vor einem Projekt, dass du als gescheitert ansiehst, nur weil es nicht in der vorgesehenen Zeit fertig wurde, stelle dir folgende Fragen:
- Kannst du es noch mit einem Sprint schaffen? Dann halte den Kopf tief und arbeite, was das Zeug hält.
- Ist es dir möglich die Timeline zu erweitern? Dann verabschiede dich von der Deadline und mache einfach weiter, solange bis du dein Projekt als abgeschlossen ansiehst.
- Weder ist es mit einem Sprint zu schaffen, noch kannst du die Timeline erweitern? Dann freue dich über das, was du bisher geschafft hast. Denn auch wenn du noch so harsch mit dir ins Gericht gehst, das Projekt wird nicht fertiger. Schneide lose Enden ab, schließe ab, was abzuschließen ist und mache aus deinem Vorhaben eine Runde Geschichte. Vielleicht kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo du deinem jetzigen Status Quo noch die fehlende Krone aufsetzen kannst.
Sich einem neuen Projekt zu widmen, birgt immer einen ganz besonderen Zauber in sich. Wir brennen für unsere Idee und können zusehen, wie aus dem Nichts etwas Neues, vorher noch nie Dagewesenes entsteht. Das ist ein wunderbares Gefühl.
Bis zu jenem Zeitpunkt, an dem es anstrengend wird und wir das vermeintliche Scheitern vor Augen haben.
Aber eigentlich können wir bei Projekten nicht scheitern. Jedes Projekt trägt sein ganz eigenes Leben in sich. Wir können vorher nicht wissen, welche Wege sich auftun oder sich auch verschließen, wenn wir uns auf den Weg machen.
Wenn wir jedoch bereit sind uns auf das Ungewisse einzulassen, dann wird jedes Projekt ein Erfolg sein.
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