Erfolg ist reine Glückssache - Silvia Chytil

Wie kommt es, dass ein Unternehmen Erfolg hat und ein anderes nicht? Trotz zahlreicher Forschungen, hat es bisher noch keine Studie geschafft, klare Richtlinien zu finden. Wenn ihre Anstrengungen allerdings so wenig Früchte tragen, muss es dafür einen Grund geben. Vielleicht ist der Grund so simpel, dass wir ihn nicht wahrhaben wollen. Erfolg passiert nach dem Zufallsprinzip. Erfolgstipps gibt es in diesem Artikel keine zu lesen, wie du zumindest den Boden dafür aufbereiten kannst und der Erfolgs-Manie nicht zum Opfer fällst, zeige ich dir hier.

Die Vorstellung, dass Erfolg reiner Zufall sein könnte, ist für uns allerdings kaum erträglich. Tag täglich erhalten wir neue Erklärungen, wie Erfolg funktioniert. Kaum steigt ein Unternehmen in den Himmel, finden Experten zig Gründe, warum dies passiert ist. Schlittert ein Unternehmen in den Konkurs, finden auch hier Experten die Gründe dafür.

Wenn wir uns Listen ansehen mit dem Titel „X Dinge, die du brauchst, um erfolgreich zu sein.“ steht so gut wie nie „Zufall“ oder „Glück“ dabei.

Jedoch bekommen wir Schlagwörter, wie Planung, Talent, Branchen-Kenntnisse, das richtige Team, zeitig aufstehen und viele andere präsentiert.

Nur sind Planung, Talent und Kenntnisse wirklich Garanten für Erfolg?

Erfolg ohne Planung

Im Jahr 2004 veröffentlichte die Gruppe O-Zone das Lied “Dragostea din tei”. Innerhalb kürzester Zeit verteilte sich dieser Song wie eine Epidemie in ganz Europa. In Frankreich gab es fünf Versionen gleichzeitig in den Charts. Der Song war ein Phänomen. Überall – außer in den USA.

Im Epizentrum des Musik-Universums war dieses Lied ein Flop. Nach einigen Bemühungen entschied das Management sich vom US-Markt zu verabschieden und stoppte alle weiteren Kampagnen.

Nur wenige Monate später bekam Dan Balan, der Song-Writer, einen Anruf. Ein Freund forderte ihn auf, sofort die Today Show auf NBC einzuschalten. Die Show berichtete über ein Video, das viral ging. Nun war es zu dieser Zeit, Anfang 2005, noch nicht alltäglich, dass ein Video viral ging. YouTube wurde gerade gegründet. Nichts desto trotz, wurde dieses Video innerhalb von wenigen Tagen von mehreren Millionen Menschen in der ganzen Welt gesehen.

Was war geschehen?

Was Dan Balan im Fernsehen sah, war ein junger Mann, Gary Brolsma, der vor seinem Computer sitzt und lautstark ein Lied sang: “Dragostea din tei.“ Gary schickte es aus Spaß seinen Freunden, die schickten es weiter, und so weiter. Dieses Video wurde zu einem der ersten viralen Videos auf Youtube.

Dan Balan hatte diesen Erfolg nicht geplant. Ganz im Gegenteil, er hatte sich bereits komplett aus dem amerikanischen Markt zurückgezogen. Durch Zufall gelang ihm dort doch noch der Durchbruch.

Flop trotz großer Erfahrung

1987 stellte Nokia das allererste Handtelefon vor. Bis dahin waren Mobiltelefone fix im Auto installiert.  Das Handy mit dem Namen Mobira Cityman wog 800 Gramm und kostete 4500 Euro.

1998 wurde Nokia zum weltweiten Marktführer im noch jungen Handy-Markt. Und noch 2007 war das Unternehmen unschlagbar, es war fast dreimal so groß, wie der nächste Konkurrent Motorola.

Apple war zu diesem Zeitpunkt auf dem Handymarkt nicht präsent. Das erste i-Phone kam am 29. Juni 2007 in die Geschäfte. Ein Experte von CNet meinte damals: „Apple bringt ein neues Telefon heraus. Und sie werden kläglich scheitern.“

Alle hatten sich getäuscht. Das i-Phone revolutionierte den Handy-Markt und verbannte innerhalb kürzester Zeit Nokia von der Pole-Position.

Hatte Nokia Fehler gemacht? Zwar sagen Experten, sie hätten einen Trend verschlafen. Nur es war ein Trend, den niemand vorhersehen konnte und damals auch nicht hat.

Nokia ist gescheitert, obwohl sie jahrelang alles richtig gemacht hatten und unangefochtene Nummer eins waren.

Berühmt ohne Talent

Stephenie Meyer hat eines Nachts einen sehr lebhaften Traum. Sie träumte von einem jungen, verliebten Pärchen, das über die Risiken ihrer Liebe diskutierten. Das Problem war: Sie war menschlich und er ein Vampir.

Meyer erinnerte sich, dass sie an diesem Morgen verspätet aufstand und sich überlegte, was sie mit diesem Traum anfangen sollte. Sobald sie einen freien Moment hatte, begann sie die Geschichte aufzuschreiben.

Twilight (deutscher Titel Bis(s) zum Morgengrauen) wurde eines der meistverkauften Bücher, obwohl Stefanie Meyer, die Autorin, davor kein einziges Buch veröffentlichte. Ihr Buch wurde von 14 Verlagen abgelehnt und erst nachdem die Assistentin des 15. Verlages ihrem Chef das Manuskript vorlegte, wurde es veröffentlicht.

Stephenie Meyer selbst glaubt nicht, dass ihr großes Talent sie an die Spitze gebracht hatte. Sie hält sich auch nicht für eine großartige Autorin, mehr für eine Geschichten-Erzählerin.

Trotzdem wurde sie erfolgreich.

Alles nur Ausreißer?

O-Zone wurde erfolgreich, obwohl die Gruppe keinerlei Marketing-Aktivitäten in den USA plante.

Apple wurde führend am Handy-Markt ohne Branchen-Kenntnisse.

Meyer schrieb einen Bestseller, ohne ein großes Schreib-Talent zu sein.

Klug sind wir immer nur im Nachhinein. Steigen Umsatz und Gewinn eines Unternehmens, ist die Versuchung groß, dahinter eine brillante Strategie, eine visionäre Führungspersönlichkeit, besonders fähige Mitarbeiter oder eine außergewöhnliche Unternehmenskultur zu vermuten.

Lässt die Performance nach, stehen schon bald die verfehlte Strategie, der arrogante Führungsstil, die unengagierten Mitarbeiter oder die uninspirierte Unternehmenskultur am Pranger. Dabei hat sich kaum etwas verändert – außer der Wahrnehmung.

Keine Schritt-für-Schritt-Anleitung

Die schnelle Lösung und die einfache Antwort auf die Frage „Was macht ein Unternehmen erfolgreich?“ gibt es nicht.

Suche ich auf Amazon nach einem Buch, das in irgendeiner Art und Weise mit Erfolg zu tun hat, erhalte ich 134.710 Treffer.

Wäre Erfolg reproduzierbar und folge klaren Regeln, würden wir nicht so viele Bücher benötigen. Eines würde genügen mit dem Titel „So geht Erfolg!“. Das gibt es allerdings noch nicht.

Warum geben wir aber so viel dafür, Erfolg dingfest zu machen und für jeden erreichbar und wiederholbar. Denn klar ist, wir alle kennen jemanden, der erfolgreich ist. Zumindest in unseren Augen. Ob derjenige es auch so sieht, ist fraglich.

Also gibt es ihn – den Erfolg. Womit wir jedoch schwer umgehen können, ist mit nicht kalkulierbaren Erfolg.

Unsere Investitionen sollen sich lohnen

Denn wenn wir schon Mühen und Kosten investieren und uns ein Business aufbauen, dann wollen wir auch, dass es sich lohnt. Die Vorstellung, wir tun und tun und letztendlich bleiben wir doch erfolglos, wäre sehr demotivierend.

Also holen wir uns Formeln, Tipps, Goldene Regeln, nur um zumindest die illusorische Gewissheit zu erhalten, alles getan zu haben. Und keine großen Fehler begangen zu haben.

Alle Prognosen, die wir aufstellen, haben nur ein klitzekleines Problem. Sie gehen immer in die Zukunft. Und die ist bekanntlich unberechenbar.

Frustrierend?

Heißt das jetzt, es ist egal, was ich tu, ich werde nur durch Zufall erfolgreich?

Was den ganz großen Erfolg, also den, der in allen Zeitungen steht und dich auf der ganzen Welt berühmt und für immer reich macht – ich befürchte ja.

Aber es ist die Frage, ob du diesen Erfolg überhaupt möchtest. Verabschieden wir uns doch von dem Wort Erfolg. Erfolg ist nur ein „Wort“.

Wir jagen einem Wort nach, das für jeden eine andere Bedeutung hat. Kein Wunder also, dass wir es nur schwer erreichen und uns von der Hetze zermürben lassen.

Es geht nicht darum, DEN Erfolg zu ergattern. Denn auch wenn du heute erfolgreich sein solltest, kann es morgen auch schon wieder vorbei sein. Ohne, dass du einen großen Fehler gemacht hast und ohne, dass du es im Vorfeld erahnen hättest können.

Was nun?

Sollst du jetzt alles über Bord schmeißen, weil alles eh keinen Sinn macht?

Nein, natürlich nicht. Denn nur, weil Erfolg zufällig vorbeikommt, heißt das nicht, das wir nicht danach trachten sollten, ein profitables Business zu führen.

Und vor allem danach trachten, dass a) der Zufall doch zu Besuch kommen kann und b) es uns bei dem, was wir tun, gut geht.

3 Möglichkeiten, wie du nicht in die Erfolgs-Falle tappst.

1. Versteife dich nicht auf den Erfolg

Kennst du das Gorilla-Experiment?

Es zeigt, wie sehr unsere Wahrnehmung eingeengt wird, sobald wir uns nur auf einen kleinen Ausschnitt konzentrieren.

Je verzweifelter unsere Lage, umso größer die Gier nach einem Wunder.  Wir sehen Rettungsanker, wo keine sind und vertrauen Tipps, klugen Ratschlägen und Formeln und ignorieren die Tatsache, dass es für Erfolg kein Patentrezept gibt.

Du kennst das sicher. Du siehst auf einer Party eine Person, die du von irgendwoher kennst. Verzweifelst kramst du in deinem Gedächtnis.  Denn, wie peinlich, wenn sie dich anspricht – und du zugeben müsstest, dass du dich nicht erinnern kannst. Schule, Job, Freundeskreis – keine Chance, dir fällt nicht ein, woher du sie kennst.

Stattdessen – auch um ihr auszuweichen – gehst du zum Buffet und erfreust dich an den wahren Gaumenfreuden, die dir dort angeboten werden. Und – Click – wie aus dem Nichts, ist dir klar, woher du diese Person kennst.

Wir sollten uns nicht vom Wort „Erfolg“ als Geisel nehmen lassen. Und je stärker wir uns auf etwas fokussieren, umso weniger bekommen wir mit, was rund um uns passiert. Erst wenn du loslässt und dich mit anderen Dingen beschäftigst, kommt wie aus dem Nichts der Schlüssel, eine Chance, die Lösung.

Und vielleicht auch der Erfolg.

2. Folge deiner Neugierde

Kennst du den Zauberwürfel? Jener Würfel mit unterschiedlichen Farben, der viele von uns zur Weißglut brachte, weil wir es nicht schafften, ihn wieder richtig zusammen zu setzen.

Erno Rubik ist Erfinder dieses Zauberwürfels. Er war kein brillanter, analytischer Mathematik-Student als er sich mit diesem Spielzeug beschäftigte, sondern Architekt und Professor für Kunst.

Sehr fasziniert war er von Formen und Strukturen. Mit 29 Jahren baute er einen Würfel, deren einzelne Teile drehbar waren, die Seiten färbte er bunt. Nachdem er diesen tollen Würfel in Händen hielt und sich daran erfreute, wie sich die Farben mischten und ein ganz zufälliges Muster ergaben, hatte er allerdings ein Problem. Er hatte keine Ahnung, wie er das Puzzle lösen sollte, um die einzelnen Farben wieder in eine Ordnung zu bringen.

Insgesamt brauchte er über 6 Wochen, bis er den Würfel wieder zusammengebaut hatte. Einzig und alleine die Neugierde an der Lösung ließen ihn an der Sache dranbleiben. Und erst nachdem er den Würfel wieder zusammengestellt hatte, kam er auf die Idee daraus ein Spiel zu machen, das die Welt eroberte.

Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein).

Neugier ist der Hunger nach Wissen, gepaart mit der Bereitschaft, zu lernen, sich überraschen zu lassen, zu staunen, sich auf Neues einzulassen. Ohne diese Eigenschaft gäbe es keine Experimente, Innovationen oder Fortschritt.

Wenn es eine Sache gibt, die Erfolg überhaupt erst möglich macht, dann ist das Neugierde. Lass dich nicht von Rückschlägen demotivieren, sondern bleibe neugierig, wie ein Kind und geh der Sache auf den Grund. Erfolg ist dir damit nicht garantiert, aber auf alle Fälle viel Freude.

3. Sammle magische Momente

Vor längerer Zeit erstellte ich ein Sheet, auf dem ich niederschrieb, woran ich erkenne, dass ich erfolgreich bin. Ich ging alle Bereich durch: Job, Gesundheit, Beziehung, Finanzen. Die Liste wurde ziemlich lang und im ersten Moment spürte ich Erleichterung. Hatte ich doch nun meine ganz persönliche Erfolgs-Liste.

Bei weiterem Hinsehen allerdings, frustrierte mich die Liste. Denn es würde bedeuten, hätte ich einen Punkt erreicht, blieben immer noch 20 unerreichte. Denn, dass ich die gesamte Liste auf einmal als erledigt abhaken konnte, schien mir mehr als unwahrscheinlich.

Seitdem suche ich nicht mehr nach Erfolgen, sondern nach magischen Momenten. Magische Momente sind für mich Momente, die

  • mich schmunzeln lassen,
  • mir Zufriedenheit schenken,
  • mich neugierig machen,
  • mich überraschen,
  • einen Wow-Effekt bei mir hinterlassen.

 

Solche Momente erleben wir täglich. Allerdings nur dann, wenn wir offen durch die Welt gehen, nichts für selbstverständlich halten und wir uns auch an kleinen Dingen erfreuen können.

Wann hattest du das letzte Mal einen magischen Moment?

 

Fazit:

Erfolg ist nicht planbar und nicht erzwingbar. Es gibt kein Patentrezept und keine Zauberformel. Und falls es doch eine Formel geben sollte, ist sie immer nur im Nachhinein ersichtlich und nicht auf andere übertragbar. Dem Erfolg nachzujagen ist nicht nur frustrierend, sondern in den meisten Fällen auch aussichtslos.

Viel freudvoller ist es stattdessen offen und neugierig durch die Welt zu gehen, Chancen zu nutzen, wenn sie sich uns bieten und magische Momente zu sammeln. Denn die begegnen uns täglich.

Bevor du gehst schreib mir doch, welchen magischen Momente du in letzter Zeit erlebt hast? Und welches Geheimnis du hast, um nicht in die Erfolgs-Falle zu tappen. Ich freue mich auf deinen Kommentar.

 

Quellen:
Der Halo-Effekt: Wie Manager sich täuschen lassen / Phil Rosenzweig
The Click Moment / Frans Johansson

Abbildungsnachweis:
Bild ganz oben: Shutterstock.com, Bildnummer:474753625, Urheberrecht: Chermen Otaraev

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