Es gibt sie. Die grauen Tage. Die Tage, an denen alles schiefgeht, wir all unsere Selbstsicherheit verlieren und meinen keinen wirklichen Platz in der Welt zu haben. Die schlechten Tage, an denen wir „wissen“, dass alle Anderen viel besser sind und wir nichts auf die Reihe bekommen. Wenn wir das Gefühl haben, in unserer Seele regnet es. Nur, was macht einen schlechten Tag aus? Und woher kommt er?
Gestern hatte ich einen dieser Tage. Keinen Antrieb, keine Motivation. Mehr das Gefühl, dass alles keinen Sinn hat und nie was wird. Ich zweifelte an mir und an meinem Business. Haderte mit meiner Art, meinem Alter, meinem Aussehen. Hatte das Gefühl, nichts zu wissen und nichts zu können. Also die ganze Palette. War den ganzen Tag müde und wollte nur meine Ruhe.
Für meine schlechte Laune gab es keinen Auslöser. Zumindest keinen, der mir bewusst war. Es war einfach ein schlechter Tag.
Heute ganz anders. Um 5 wachte ich ohne Wecker auf, hüpfte aus dem Bett und war guter Dinge. Ich bin ja wirklich kein früher Vogel, aber heute war es für mich eine Leichtigkeit, zeitig aufzustehen.
Etwas Sport in der Früh, in Ruhe gefrühstückt. Wieder voller Tatendrang.
Dann saß ich in meinem bequemen Sessel und dachte: Ab heute – ab heute wird alles anders. Dann mache ich nur mehr die „richtigen“ Dinge. Dann zerbreche ich mir nicht mehr den Kopf darüber, was andere denken. Dann halte ich mich an meine Vorgaben, produziere, was das Zeug hält und habe keine Angst mehr vor Kritik.
Der nächste Gedanke: Das ist doch absurd, das habe ich schon 1000 Mal gedacht. Und es hat sich noch nie verändert.
Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage. Es gibt Tage, an denen ich die Welt aus den Angeln hebe und solche, an denen ich mich am liebsten verkriechen möchte. Es gibt Tage, an denen ich weiß, was ich kann und jene, an denen ich mich unfähig und als kleines Kind fühle.
Wird sich das jemals ändern?
Ich befürchte nein.
Was sich aber ändern kann ist, dass ich mir um schlechte Tage keine Gedanken mehr mache. Dass ich mich an diesen Tagen nicht dazu zwinge, mich besser zu fühlen oder aktiver zu sein.
Sondern ich abwarte. Denn die Tage, an denen es wieder besser ist und an denen ich mutig bin, mich wohlfühle und selbstsicher bin, die kommen. Immer wieder. Ich weiß es ja. Sie sind auch in der Mehrzahl. Die wirklich schlechten Tage werden immer seltener. Trotzdem – wenn ich in diesem Loch hänge, meine ich, für mich würde nie wieder die Sonne scheinen.
Was ist ein schlechter Tag?
Die guten Tage sind wichtig, die „schlechten“ Tage sind wichtig.
Wer bestimmt, was ein guter oder schlechter Tag ist?
Nur wir selbst. Wir könnten auch denken, dass die guten Tage jene sind, an denen wir uns zurückziehen, weniger aktiv und mutig sind.
Die Bewertung findet ausschließlich in unserem Kopf statt.
Eine Freundin von mir liebt graue Regentage. Für mich ein Grauel. Wenn wir mit unseren Hunden spazieren gehen und die Wolken am Boden hängen, blüht sie auf. Sie plappert und lacht, während ich mit gesenktem Kopf neben ihr hertrotte und mich frage, welcher Teufel mich geritten hat, als ich mir unbedingt einen Hund wünschte.
An heißen Sonnentagen ist es genau umgekehrt. Sie schweigsam und ich das Plappermaul.
Wir müssen uns nicht jeden Tag „gut“ fühlen. Tagtäglich produktiv, bester Laune und vor Selbstbewusstsein strotzen. Es gibt Tage, an denen wir uns sicher fühlen und keine Angst verspüren. Dann Tage, an denen wir sensibler und leichter aus der Bahn zu werfen sind. Wir brauchen beide Tage. Jene, an denen wir aktiv und gesellig sind und jene, an denen wir die Ruhe suchen und der Welt den Rücken kehren. Welche Tage wir als gut oder schlecht empfinden, liegt an uns.
Das Problem sind nicht die schlechten Tage
Das Problem ist, dass wir diese vermeintlich schlechten Tage nicht wollen. Dass wir mit ihnen hadern und sie gerne loswerden wollen. Dass wir uns Vorwürfe machen, unser Leben nicht besser im Griff zu haben. Dass wir an diesen „schlechten“ Tage alles schlechtreden, was wir bereits Gutes geschafft haben.
An diesen Tagen legt sich ein Nebel über unsere Gedanken. Wir können nicht mehr klar erkennen, wer wir sind und was wir können. Unser gesamter Fokus ist auf Negatives gerichtet. Wir nehmen nur mehr wahr, was Andere besser können und wir gar nicht auf die Reihe bekommen.
Erst wenn wir uns in diese Gedankenspirale begeben, wird ein grauer Tag zu einem schlechten Tag.
Dann haben wir nur Kunden, die nie zufrieden sind. Einen Partner, der nicht ausreichend unterstützt. Kinder, aus denen nie was wird. Wir sind schlechte UnternehmerInnen, schlechte Mütter (oder Väter), schlechte Menschen. Überall sehen wir entweder nur Deppen oder strahlende, unerreichbare Stars, die nie Fehler begehen und immer alles richtig machen. Wir gehören zu keiner dieser Gruppen. Eigentlich gehören wir zu gar keiner Gruppe.
Wir sind alleine auf dieser Welt. Keiner mag uns. Wir uns auch nicht.
Die Welt ist ungerecht. Diese Erkenntnis trägt leider auch nicht zur Steigerung unserer Laune bei.
Zu groß, zu klein. Zu teuer, zu billig. Zu alt, zu jung.
Eigentlich ist das ganze Leben schlecht. Wir sehen alles Negative, wie durch ein Fernglas überdimensioniert.
Jetzt gerade – regnet es in unserer Seele.
NUR ein schlechter Tag!
Die Gründe, warum wir in so ein Loch fallen, sind vielfältig. Eine Erwartung, die sich nicht erfüllt hat. Ein Streit, eine schlechte Nachricht. Vielleicht aber auch nur die Hormone oder der Föhnsturm.
Aber ganz ehrlich. Es ist egal, warum wir einen schlechten Tag haben. Es ist auch egal, DASS wir einen schlechten Tag haben.
Denn sie gehören dazu.
Wie Regen und Sonne. Wie Sommer und Winter. Das ist der Kreislauf.
Ich hätte gerne das ganze Jahr über 25 Grad und Sonnenschein. So würde ich mich auch gerne immer fühlen.
Allerdings gebe ich die Hoffnung auf, dass das jemals passieren wird :-).
Und akzeptiere nebelige, graue, kalte Tage. Ich mag sie nicht, aber sie gehören zu meinem Leben.
Denn … es ist nur ein schlechter Tag, kein schlechtes Leben!
Wie gehst du mit schlechten Tagen um? Was ist für dich ein schlechter Tag? Ich bin gespannt, was du zu erzählen hast und freue mich über einen Kommentar von dir :-).
Liebe Silvia, Deine Gedanken sind ganz wunderbar und ich danke Dir dafür. Ich habe inzwischen gelernt, immer dann, wenn es mir mies geht, zu überlegen, ws ich tun könnte, damit es mir besser geht und ich mich wohler fühle. Und mittlerweile weiß ich, dass z.B. was schaffen/leisten/erledigen mich aufbaut. Staub saugen, aufräumen, putzen, bügeln ist dann angesgat udn zar zu absolut fröhlicher Musik: Die Fassenachtshit von SWR4 oder Rhein und Wein Schunkel- und Mitsinglieder. Das hilf mir echt und dann bekomme ich wieder Lust und Kraft! Aber manchmal kuschel ich mioch auch einfach nur ins Bett und guck einen Film. Entscheidend ist das Wahrnehmen und das Raus- und für-mich-sorgen-wollen. Ich bin total glücklich, dass ich diese Freiheit habe über mein Tun zu bestimmen!
Liebe Christiane,
kann mir dich vorstellen, wie du durch die Wohnung hüpfst :-).
Du hast so recht, wahrnehmen, akzeptieren – es geht vorbei ;-).
Alles Liebe
Silvia
Liebe Silvia, du sprichst mir aus dem Herzen! Tut gut zu wissen, dass es anderen auch so geht. Super Beitrag – danke!
Liebe Grüße
Doris
Liebe Doris,
ja, da bist du ganz sicher nicht alleine:-).
Alles Liebe
Silvia
Liebe Silvia, so ein schöner Artikel. Es ist nur ein schlechter Tag – kein schlechtes Leben. Ein tolles Mantra für graue Tage ❤ Ich habe auch gelernt, sie durchziehen zu lassen und v.a. nicht auch noch obendrauf damit zu hadern dass ich mal wütend, genervt, gereizt, down, niedergeschlagen oder ermattet bin. Statt immer cool, in meiner Mitte und gut drauf. ?
Falls ich in die Versuchung komme mir dann noch „du müsstest aber….“ -Vorhaltungen zu machen breche ich das kategorisch ab „‚N Scheiss muss ich… “ ? Und wir brauchen den Kontrast auch. Die ganze Gefühlspalette. Erfolge und Misserfolge…. Das gehört eben zusammen wie Tag und Nacht… LG Christina
Liebe Christina,
du hast was sehr gutes geschrieben – wir glauben, wir müssten immer gut drauf und tough sein. Es ist absolut ok, wenn wir mal grantig und wütend sind.
Ich finde auch, das Kontrastprogramm ist wichtig – Aufs und Abs.
Das macht das Leben erst spannend :-).
Ganz liebe Grüße
Silvia
Liebe Silvia,
sehr schöner Artikel! Ich lese sie immer sehr gerne!
Die schlechten Tage werden für mich immer mehr zum Highlight, denn dann weiß ich, dass ich in einem meiner Themen gerade einen großen Schritt weiter komme. Eben als Teil der vielen Veränderungen, die wir tagtäglich erleben. Und umso grauer der Tag ist, umso größer ist das Thema, das sich löst. Für mich ist dann wichtig, sich Zeit zu nehmen und die Dinge zu tun, die mir gut tun um genau, wie Du es beschreibst, spätestens am nächsten Tag wieder voller Elan zu sein.
Liebe Grüße
Nadja
Liebe Nadja,
oft wird es auch als Wachstumsschmerz bezeichnet. Du hast recht, zumeist machen wir an den schlechten Tagen einen großen Schritt.
Wünsche dir noch ganz viele, große Schritte :-).
Alles Liebe
Silvia
Liebe Silvia,
am besten gefällt mir der Satz:
„Es ist nur ein schlechter Tag, kein schlechtes Leben.“
Das vergesse ich leider oft, wenn ich so richtig im Jammertal sitze. Dann empfinde ich mein ganzes Leben als eine einzige Katastrophe und sehe nicht mehr das, was ich Schönes im Leben habe.
Danke für diesen Artikel – er rückt meine Selbstwahrnehmung wieder ins richtige Licht.
Alles Liebe
Irene
Liebe Irene,
ich glaube, so wie du das beschrieben hast, ging es mir gestern ;-).
Freue mich, dass ich ein wenig gerückt habe :-).
Alles Liebe
Silvia
Liebe Silvia, was für ein wunderbar beruhigender Artikel. Du hast es so gut beschrieben! Was Druck macht ist die Erwartung, jeden Tag gut drauf zu sein. Ich erinnere mich auch an meine Zeiten als GlückCoach. Da wurde es in meinen Augen von mir erwartet, immer gut drauf zu sein. Was für eine immense Last auf den Schultern ! Auch GlückCoaches, die wissen, wie man sich gute Gefühle macht, haben ein Recht auf die schlechten Tage. Denn in den Tagen erholen wir uns, weil wir nix gebacken kriegen, gönnen wir unserem Körper im besten Fall die Erholung, nach der er sich so sehnt. ?
Ich finde inzwischen Regentage sehr inspirierend. Dann mache ich es mir zu Hause gemütlich und habe nicht ständig das Gefühl, ich müsste raus in die Sonne ;-).
Ganz liebe Grüße, Diana
Liebe Diana,
ja, die Erwartungen von anderen und vor allem unsere eigenen, dass immer nur die Sonne scheinen müsste, kann sehr belastend sein.
Zuhause gemütlich machen, dem Körper und der Seele gutes tun – das ist das Beste Regenprogramm :-).
Alles Liebe
Silvia
Liebe Silvia,
Ja schlechte Tage gibt es aber man kann sie auch einfach zulassen, so mache ich es. Zumindest bei schlechten Tagen, die ich als solche erkenne, pflege ich mich selber, Zeit lassen und zulassen. Nicht Druck machen auf mich selber, ich MUSS nicht, ich kann auch mal nicht gut drauf sein, müde, lustlos usw.
Schwieriger sind die schlechten Tage die ich nicht als solche erkenne, die Wochenende an welchen ich am Abend bemerke, dass außer Frühstück, Kaffee und Netflix nichts war, die Zeit „sinnlos“ vergeudet wurde. Aber auch an dem Punkt, wo ich das erkenne, vermindere ich den Druck, vielleicht habe ich genau DAS gebraucht, wird mir etwas klarer nach solchen Tagen, spüre ich wieder eine Antrieb in mir?
Am Ende wird mir manchmal nur klar, wie schwer mir loslassen, nicht die Kontrolle haben fällt. Was ja auch eine Erkenntnis ist.
Liebe Grüße Harald
Lieber Harald,
die Erkenntnis, dass wir keine Kontrolle haben, ist riesig. Denn es ist wohl eine unserer schwierigsten Aufgaben, anzuerkennen was ist. Das Leben sein lassen, mit allem was gerade ist. Auch wenn es uns gerade nicht gefällt :-).
Freue mich, dass du es für dich so klar sehen kannst.
Alles Liebe
Silvia