Lampenfieber ist Respekt vor dem Publikum
Vorige Woche hatte ich ein Gespräch mit einer professionellen Sprecherin. Reden, Moderationen und Vorträge sind ihr täglich Brot. Deshalb war ich umso überraschter,
als sie mir gestand, unter furchtbaren Lampenfieber zu leiden. Mich beruhigte es sehr, kenne ich dieses flaue Gefühl im Magen vor wichtigen Terminen nur all zu gut.
Unter Redeangst zu leiden, ist etwas Normales. Viele von uns leiden darunter und machen Qualen durch, wenn sie vor anderen Menschen reden sollen.
Egal, ob bei
- Vorträgen vor dem Vorstand,
- Präsentation vor großem Publikum oder
- einer Gehaltsverhandlung.
»Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert vom Moment der Geburt an – bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten« – so beschreibt der Schriftsteller Mark Twain (1835–1910) dieses Phänomen.
Lampenfieber leitet sich aus einem französischen Theaterausdruck ab: fièvre de rampe = Fieber an der Rampe. Ursprünglich war damit die Erhitzung der Schauspieler durch die Gaslampe, später Scheinwerfer gemeint. Psychologisch gesehen ist dieses Lampenfieber eine spezielle Form der Leistungs- und Prüfungsangst. Zurückzuführen auf die archaische Furcht, von einer Gruppe (Sippe) negativ bewertet und ausgeschlossen zu werden.
Nur genau dieses Lampenfieber ist notwendig, damit wir 120 % in kurzer Zeit leisten können. In unserer Panik übersehen wir die Vorteile von Lampenfieber.
- Lampenfieber hält uns wach(sam).
- Der erhöhte Puls gewährt eine ausreichende Blutzufuhr ins Gehirn.
- Die Muskeln sind angespannt und dadurch stehen wir aufrechter.
Denken Sie das nächste Mal daran und nehmen Sie Ihre Nervosität gelassener. Vor allem: Kämpfen Sie nicht dagegen an. Das macht es noch schlimmer.
„Lampenfieber ist Respekt vor dem Publikum, und vielleicht ist Lampenfieber auch Versagensangst. Eine Ansammlung von Erinnerungen an kleine Pannen, von denen ich fürchte, sie könnten alle auf einmal kommen. Dass ich den Text vergesse, die Anlage ausfällt, im Saal Feuer ausbricht, unten ein Verrückter sitzt.“ (Reinhard Mey in zeit online)
Ich kann Ihnen das Lampenfieber nicht komplett nehmen. Aber vielleicht helfen Ihnen die Strategien es gelassener zu nehmen.
10 hilfreiche Strategien, wie Sie Ihr Lampenfieber in Griff bekommen
1. Geben Sie Lampenfieber zu
Verdrängen Sie Ihre Ängste nicht. Versuchen Sie auch nicht den abgebrühten Helden zu mimen. Das blockiert Sie und versetzt Sie unnötig in Stress. Geben Sie offen zu, dass Sie nervös sind. Das macht Sie sympathisch und lockert die Atmosphäre.
2. Ziehen Sie nie unvorbereitet in die Schlacht
Wenn Sie einen wichtigen Termin vor sich haben, nehmen Sie sich genügend Zeit für die Vorbereitung. Klären Sie alle wichtigen Fragen und versuchen Sie sich in die Position Ihres Gegenübers einzufühlen. Dazu gehört auch zu überlegen, was Sie tun, wenn unliebsame Fragen gestellt werden. Wenn die Technik plötzlich aufhört zu funktionieren. Wenn unvermutet das gesamte Publikum aufsteht und Ihren Vortrag verlässt.
3. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken
Nicht jeder ist für die Bühne geschaffen und trotzdem müssen Sie hin und wieder ins Rampenlicht. Es verlangt von Ihnen niemand, dass Sie wie ein professioneller Sprecher oder Schauspieler leichtfüßig über die Bühne schweben. Dafür sind Sie Experte auf Ihrem Fachgebiet, können gute Witze erzählen oder haben eine angenehme Stimme. Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie können und legen Sie Augenmerk auf Ihre Stärken. Versuchen Sie niemanden nachzuahmen, sondern seien Sie authentisch. Dann klappt´s auch mit der Rede.
4. Roten Faden spinnen
Machen Sie es Ihrem Gegenüber leicht, folgen Sie einem roten Faden. Bei Vorträgen, Reden und Präsentationen unumgänglich. Aber auch bei Verhandlungen ist es für Sie und Ihrem Partner angenehmer, wenn die Marschrichtung klar ist. Bei aufkommender Nervosität, einer Panne oder Unterbrechung hilft Ihnen der rote Faden an vorher gesagtem anzuknüpfen.
5. Vor dem Termin Kontakt aufnehmen
Wenn es Ihnen möglich ist und Sie Ihr Publikum noch nicht kennen, versuchen Sie vor dem Termin Kontakt aufzunehmen. Ein wenig Smalltalk im Vorfeld vermindert Ihr Herzklopfen. Und die Gegenseite nimmt Sie nicht als anonyme Person auf der anderen Seite des Tisches oder der Bühne wahr.
6. Üben Sie Ihre Rede
Wie ein Schauspieler seine Rolle lernen muss, üben auch Sie Ihre Rede. Nicht auswendig lernen – dadurch wirken Sie steif und hölzern. Machen Sie sich Karteikarten, auf denen die wichtigsten Stichwörter notiert sind und bleiben Sie flexibel. So werden Sie auch durch Zwischenfragen nicht aus dem Konzept gebracht.
7. Auch die Stimmlage kann entscheiden
Halten Sie Ihre Stimme geschmeidig. Kauen Sie vor Ihrem Auftritt einen Kaugummi, um die Kiefermuskulatur zu lockern. Stellen Sie sich ein Glas Wasser griffbereit und nehmen Sie gelegentlich einen Schluck. Am Anfang, wenn das Lampenfieber noch hoch ist, ist es wichtig, dass Sie langsam und tief atmen, damit Ihre Stimme nicht zittrig erscheint.
8. Suchen Sie freundliche Gesichter
Während Ihrer Rede oder auch in Verhandlungen halten Sie Ausschau nach freundlichen Gesichtern im Publikum. Und diese sprechen Sie dann an. Aber starren Sie nicht nur eine Person an, sondern suchen Sie sich in jedem Eck ein sonniges Gemüt und wandern dann diese mit Ihrem Blick ab. Sie bekommen damit die Sicherheit, dass Ihnen die Zuhörer wohlgesonnen sind und entspannt Sie.
9. Begeisterung ist ansteckend
Leben Sie für das Thema? Lassen Sie den Funken überspringen und bringen Sie Leidenschaft in die Angelegenheit. Ihre Begeisterung wird Ihr Publikum überzeugen. Auch langweilige Kennzahlen und Statistiken können lebhaft vorgetragen werden. Sie müssen aber keinen Kasperl spielen!
10. Lachen verbindet
Nehmen Sie nicht alles todernst. Bringen Sie Ihr Publikum zum Lachen. Auch die Vorstandsmitglieder sind nur Menschen und offen für einen Scherz. Natürlich nicht mit plumpen Witzen, aber einer gesunden Portion Humor.
Fazit:
Lampenfieber ist ganz normal und gehört dazu. Manchmal muss man sich einfach trauen. In den meisten Fällen werden Sie merken, dass Ihre Angst unbegründet war.
Haben Sie Lampenfieber? Wie bekämpfen Sie dieses? Oder Sind Sie ein abgebrühter Bühnen-Profi?
Hinterlassen Sie mir einen Kommentar oder schreiben Sie mir persönlich: s.chytil@schwebebalken.at
Bleiben Sie in Balance.
Silvia Chytil
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