Wir alle haben Zeiten, an denen wir das süße Nichtstun dem strebsamen Arbeiten vorziehen. Dagegen ist auch gar nichts zu sagen. Problematisch wird es aber dann, wenn wir das Nichtstun nicht genießen, sondern es vielmehr eine Abwehrhaltung ist. Das ganze wird Prokrastination, umgangssprachlich Aufschieberitis genannt. Eigentlich sollten wir Dinge tun, tun es aber nicht. Aus unterschiedlichsten Gründen. Drei davon und Wege, wie du wieder ins Tun kommst, zeige ich dir heute hier: 

Vor zwei Wochen war Julian, ein junger Gärtner, bei uns, um das Konzept für die Neugestaltung unseres Gartens zu besprechen. Es ist nicht viel zu erledigen, den Rasen vertikutieren, ein paar Sträucher schneiden und die Terrasse frisch ölen. Julian ist noch nicht lange selbständig, ich habe ihn in einem meiner Seminare kennen gelernt. Und da ich Jung-Unternehmer und –Unternehmerinnen sehr gerne unterstütze, habe ich mich heuer für ihn entschieden. Zumindest vorläufig.

Denn nun warte ich seit über einer Woche auf das Angebot. Versprochen hatte er es mir für Freitag. Gut, dachte ich mir, er hat viel zu tun, kommt am Montag. Auch nicht da. Also rufe ich kurz an, vielleicht ist es nur einfach nicht bei mir gelandet. Er versprach es mir, am Abend auf alle Fälle zu schicken. Nun ist es Dienstag in der Früh, bis dato ist es noch nicht bei mir angekommen.

Ich kann wirklich verstehen, dass viel zu tun ist und manche Arbeiten keinen Spaß machen, wie zum Beispiel ein Angebot schreiben.

Aber die Rechnung ist sehr einfach: Ohne Angebot – kein Auftrag!

 

Prokrastination – Morgen ist auch noch ein Tag

Unangenehme Arbeiten vor sich hinschieben kennen wir alle. Kritisch wird es erst dann, wenn wir es immer wieder machen und es negative Konsequenzen für unser Business hat.

Prokrastination bezeichnet das wiederkehrende und kontraproduktive Aufschieben von notwendigerweise zu erledigenden Arbeiten. Prokrastination setzt sich zusammen aus pro = für und cras = morgen. Wir heben uns Dinge „für morgen“ auf.

Die unliebsame Steuererklärung schieben wir alle gerne vor uns her. Das ist ein normales Alltagsphänomen und hat noch keine großen Folgen, solange wir sie doch noch rechtzeitig abgeben.

Problematisch wird es, wenn wir aus falschen Motiven und überzogenen Erwartungen nicht nur verschieben, sondern gar nicht tun.

Die Gründe für Aufschieben sind vielfältig: Ängste, Selbstzweifel, Stress. Heute möchte ich auf drei Punkte eingehen, die aus meiner Erfahrung sehr oft vorkommen.

 1. Das macht keinen Spaß

Gestern habe ich mit einem guten Freund geplaudert. Über Jahre ist er Marathon gelaufen, nun hat er sich auf den Triathlon fokussiert. Dazu zu sagen wäre noch – er ist fast 60 Jahre. Was mir eine enorme Hochachtung abverlangt. Ich bin froh, wenn ich gerade mal 30 Minuten durchlaufe. Aber egal, das ist eine andere Geschichte :-).

Ich fragte ihn, wie viel er trainiert und was den der schwierigste Part für ihn ist. Er trainiert täglich zwei Stunden und das Schwierigste ist, dass es oft keinen Spaß macht und er sich manchmal wirklich zum Trainieren zwingen muss.

In unserem Business ist es nicht anders. Angebote schreiben, Videos schneiden, etwas Neues lernen zählt oft nicht zum sexiest Part eines Projektes. Viel angenehmer ist es, sich Dinge auszudenken, Ideen zu konzipieren, Visionen zu träumen.

Aber bei gewissen Arbeiten ist es irrelevant, ob wir uns dabei gut fühlen und Spaß haben oder eben nicht. Sie gehören zu unserem Job dazu. Sie gehören einfach erledigt. Ohne Angebot, kein Auftrag. Ohne Video-Schnitt, kein fertiger Kurs. Ohne Training, kein Fortschritt

Jeder möchte gerne Richard Branson oder Meryl Streep sein. Ohne die Arbeit zu tun, die Richard Branson und Meryl Streep tun.

Ein Business zu führen fühlt sich manchmal wie ein Marathon an. Allzu oft würden wir gerne bei Kilometer 30 aufgeben, weil schon die Beine schwer sind oder uns die Puste ausgeht und es einfach keinen Spaß mehr macht.

Natürlich ist es nicht immer sinnvoll um jeden Preis durchzuhalten. In vielen Fällen allerdings, ist „Augen zu und durch“ eines der wichtigsten Bestandteile eines Projektes.

Tiefer gehen:

  • Welchen Part deiner Arbeit erledigst du oft nicht oder nur sehr ungerne, weil es keinen Spaß macht, er anstrengend ist oder du dich nicht wohl dabei fühlst? Erkennst du ein Muster?
  • Fühlst du dich schlecht dabei, weil du die Art der Arbeit nicht magst oder weil es tatsächlich etwas ist, was du in deinem Business weglassen könntest?

 

 2. Ja, aber was ist, wenn …

Als Strategieberaterin ist eines meiner wichtigsten Aufgaben, mit meinen Kundinnen gemeinsam ein gut durchdachtes Konzept zu erarbeiten. Ein sehr wesentlicher Teil ist dabei, die Chancen und Risiken des Projektes von allen Seiten zu beleuchten.

Abgesehen davon, dass meine KundInnen zumeist mehr Risiken als Chancen finden, ist irgendwann der Zeitpunkt, das Konzept in die Realität umzusetzen.

So auch bei einer Kundin, mit der ich an der Erstellung eines Online-Kurses arbeitete. Das Konzept war fertig, jetzt ging es darum, den Kurs mit Leben zu füllen und in die Welt zu tragen.

Aber … was, wenn meine Kunden nicht kaufen?

Aber … was, wenn ich ganz fürchterlich auf den Videos rüberkommt.

Aber … was, wenn zum versprochenen Termin nicht alles fertig ist.

Planung, Konzept, Strategien sind ganz wesentliche Elemente eines jeden Projektes. ABER – wir versuchen die Zukunft und das Verhalten anderer Menschen zu erraten. Das gelingt uns aber nicht. Ganz gleich, wie sehr wir uns vorbereiten und wir alle Eventualitäten in Betracht ziehen, die große Unbekannte ist und bleibt die Zukunft.

Je mehr wir darüber nachdenken, was alles schiefgehen könnte und warum unsere Kunden nicht kaufen könnten, umso wahrscheinlicher ist es, dass wir auf später oder irgendwann verschieben.

Das Einzige, das wir kontrollieren können, ist die Qualität unserer Arbeit. Ob das Produkt auch von unseren KundInnen gekauft wird, hängt von viel zu vielen Faktoren ab, die wir nicht beeinflussen können.

Vielleicht kaufen sie nicht, weil gerade alle sparen. Oder vielleicht gibt es ein ähnliches Produkt, das unsere Zielgruppe schon erworben hat und von dem wir nicht wussten, dass es auf dem Markt ist.

Aber vielleicht kaufen auch so viele, dass wir nie wieder arbeiten müssen.

Wir wissen es einfach nicht.

Alle Unsicherheiten aus dem Weg räumen zu wollen, hat zur Folge, dass wir ganz schnell den Mut verlieren und gar nicht erst beginnen. Mein Tipp an dich ist daher: Mach es einfach. Und was passiert, passiert. Manchmal geht es gut und manchmal auch nicht.

Aber, soweit ich das beurteilen kann, in den meisten Fällen geht es gut :-).

Tiefer gehen:

  • Wie oft hinderst du dich selbst am Weiterkommen, weil du am liebsten alle Unsicherheiten aus dem Weg räumen möchtest?
  • Bei welchem Projekt hängst du gerade. Wenn du die Sicherheit hättest, dass alles gut geht, was wäre dein nächster Schritt?

 

3. Das nächste Mal komme ich groß raus

Auf meine Frage an eine Unternehmerin, was sie denn jetzt bräuchte, um ihrem Business so einen richtigen Schub zu geben, antwortete sie: Sie würde so gerne ein „iPhone“ erfinden. Also etwas, was genau so einschlägt, wie das iPhone von Apple.
Ja, dachte ich mir, das wollen viele :-).

Natürlich kann jeder ein Produkt auf den Markt bringen, das uns bereits an der Ladentüre aus den Händen gerissen wird. Nur wie wahrscheinlich ist das?

Vor allem wie wahrscheinlich ist, dass wir im Vorfeld schon wissen, dass wir gerade an so einem Projekt arbeiten?

Kennst du den Apple-Cube? Oder den Newton? Oder die Spielkonsole Pippin?
Das sind ebenfalls Produkte aus dem Hause Apple. Die floppten allerdings.

„Think big“ ist belebend und eine große Vision motivierend – keine Frage. Die Gefahr besteht allerdings, dass wir uns so überdimensionale Ziele setzen, in zumeist viel zu kurzer Zeit. Erreichen wir sie nicht, ist der Katzenjammer groß.

Bevor wir uns jedoch diesem Misserfolg hingeben, zaubern wir ganz viele Ausreden hervor, warum wir gerade nicht tun können. Bevor nur 2 Leute unser Produkt kaufen, bringen wir es lieber gar nicht auf den Markt. Bevor wir nur Absagen erhalten, legen wir lieber keine Angebote.

​DEN großen Wurf wollen viele. Den 6-stelligen Launch. Den Ausverkauf einer neuen Design-Linie. Die Warteliste für das nächste Seminar. Darauf zu warten und zu hoffen, bedeutet allerdings sehr viel Stress. Denn alles, was darunter passiert, wird automatisch als Scheitern beurteilt.

Das Aufschieben hat für den Beteiligten oft den Wert, das eigene hohe Idealbild aufrecht zu erhalten. Realität und Wunschvorstellung klaffen auseinander. Und bevor die große Enttäuschung ins Haus flattert, wird lieber gar nichts getan und gewartet.

Tiefer gehen:

  • Wie oft hast du dich schon vor etwas gedrückt, weil du die „Überprüfung“ deines Wissens oder deine Kenntnisse gefürchtet hast?
  • Bei welchem Projekt stehst du gerade an, weil du Angst hast, deine Erwartungen nicht zu erfüllen? Wenn du selbst nicht so große Erwartungen hättest, was wäre der logische nächste Schritt?

 

Fazit:

Prokrastination ist wahres Gift für unseren Erfolg, für unser Weiterkommen und sogar für unser Wohlbefinden. Denn das Einzige, an dem wir gemessen werden und aus dem wir Energie schöpfen, sind Taten. Kein Konzept in der Lade, keine Idee in unserem Kopf, keine Strategie auf dem Papier bringt tatsächliche Resultate hervor. „Do the work“ heißt das Zauberwort. Manchmal heißt es nur den Kopf unten halten, sich nicht ablenken lassen und einfach die Arbeit tun, die getan werden muss.

 

Schiebst du Dinge oft auf? Kommt es den Gründen, die ich oben genannt habe vor oder aus anderen? Hatte deine Aufschieberitis schon mal unangenehme Folgen?

Hinterlasse einen Kommentar, ich bin sehr neugierig, was du erlebt hast.

Alles Liebe

Silvia

 

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