Vor einiger Zeit saß ich mit ein paar Kolleginnen gemütlich beim Heurigen. Wir lachten, tranken, aßen und irgendwann kam das Gespräch auf das jeweilige Business. Was gut läuft, wo es Schwierigkeiten gibt und welche Ziele und Pläne jede von uns für die nächsten Wochen und Monate hat. Auch ich wurde gefragt, was ich denn in nächster Zeit vorhabe.
Meine Antwort: Ich mache mir keine Ziele und Pläne mehr! Große Augen, große Verwunderung. Eigentlich wollte ich zu diesem Zeitpunkt die Gruppe schon verlassen – aber alle wollten wissen, wie denn bitte ein Business ohne Ziele und Pläne gehen kann.
Also blieb ich und erklärte es. Ich erzählte, dass Pläne und Ziele für mich nur eine scheinbare Sicherheit wären und wir sie nicht benötigen, um irgendwas zu erreichen oder zu tun. Dass das Arbeiten viel kreativer und auch produktiver ist, wenn wir uns auf das konzentrieren, was uns Freude macht und was jetzt gerade ansteht. Dass wir unserem System vertrauen können, dass es ganz genau weiß, was wichtig ist und wir es zu gegebener Zeit auch dann tatsächlich tun werden.
Ich glaube, ich habe mit meinen Ausführungen ziemlich viel Verwirrung ausgelöst und eine Kollegin sagte: „Weißt du, tief drinnen spüre ich, dass das richtig ist, was du sagst. Aber es klingt so leicht. Und deshalb – ich weiß nicht, ich glaube nicht, dass ich so arbeiten könnte.“
Das war ein Satz, der mich ziemlich berührte und verwirrte. Es klingt zwar richtig, aber es ist zu leicht. Es kann nicht so einfach sein.
Wow!
Warum muss es anstrengend und schwierig sein? Warum darf es nicht leicht sein? Warum darf unser Business, unsere Arbeit, unsere Beziehungen, unser Sein und Tun nicht leicht sein?
Ich habe lange darüber nachgedacht und mir sind ein paar Punkte eingefallen, die das vielleicht erklären könnten.
1. Wenn es so leicht geht, warum machen es dann nur so wenige
Ein Satz, den ich in meiner Jugend oft gehört habe, war „Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen“. Aber es gibt auch noch andere Sprüche und Zitate, die vorgeben, dass nur die Anstrengung zählt. Zum Beispiel: „Was man mühelos erreicht, ist gewöhnlich auch nicht der Mühe wert.“ Oder „Das Leben ist kein Pony-Hof.“. Ich bin mir ganz sicher, du hast auch einige dieser Sprüche auf Lager.
Alle diese Sätze und Zitate haben sich über Jahre so stark bei uns eingeprägt, dass wir sie gar nicht mehr hinterfragen. Wir nehmen sie als gegeben. Vielleicht haben wir auch unbewusst Angst, etwas falsch zu machen, wenn wir uns nicht ausreichend anstrengen.
Der erste Grund also, warum wir es uns nicht leichter machen: Es wurde uns antrainiert.
2. Wenn ich nur noch mache, was leicht geht, dann tue ich nichts mehr
Eine der häufigsten Bedenken, die ich höre, ist, dass wir uns komplett der Faulheit überlassen, wenn wir nur noch das machen, was uns Freude bereitet und was leicht geht.
Aber das ist ein Aberglaube. Es ist nicht wahr, dass wir nur noch vor dem Fernseher hocken und uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen.
Richtiger ist hingegen, dass wir produktiver und kreativer werden, wenn wir uns auf das konzentrieren, was uns Spaß macht. Wenn wir unsere Energie in das legen, von dem wir überzeugt sind und nicht in das, was wir eigentlich tun sollten oder müssten.
Der zweite Grund: Wir glauben, dass Leichtigkeit gleich bedeutend ist mit Faulheit.
3. Wenn es nur noch leicht geht, dann herrscht Chaos
Ein Punkt, der mich selbst sehr lange beschäftigt hat. Ich dachte, wenn ich nicht alles kontrolliere und im Griff habe, dann läuft alles aus dem Ruder. Dann passieren Dinge, die ich nicht möchte und ich bin dann auch noch schuld. Dann herrscht Chaos.
Tatsache aber ist: Dinge passieren. Es passieren Unfälle, Krankheiten, Missgeschicke, Fehler. Wir können nicht alles kontrollieren – es passiert einfach. Und nur weil wir Pläne haben, heißt es noch lange nicht, dass alles nach Plan läuft.
Grund drei für all die Anstrengung: Wir haben Angst, dass alles aus dem Ruder läuft, wenn wir die Zügel locker lassen.
Mit dem Strom und nicht dagegen
Stelle dir einen Fluss vor. Wenn du darin schwimmen möchtest, dann hast du zwei Möglichkeiten. Entweder mit dem Fluss oder dagegen. Klar ist, dass mit dem Fluss schwimmen einfacher und müheloser ist und es uns schneller ans Ziel bringt. Schwimmen wir gegen den Strom, brauchen wir sehr viel mehr Kraft, Anstrengung und es dauert länger.
Wenn wir es also leichter haben wollen, müssen wir lernen MIT dem Fluss zu schwimmen und nicht dagegen.
Aber hier ist oft ein Missverständnis: Es sich leicht zu machen und das Leben leicht zu nehmen, bedeutet nicht, allen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Sondern es bedeutet mit dem Leben mit zu schwimmen und das zu tun, was jetzt gerade notwendig ist. Und das zu akzeptieren, was gerade passiert.
Anstatt uns aber auf das zu konzentrieren, was jetzt gerade wichtig ist, verbringen wir die meiste Zeit damit, über die Vergangenheit oder Zukunft nzu grübeln. Es ist als ob wir in einem Schnellzug sitzen, der stetig vorwärts und rückwärts fährt. Was habe ich gestern falsch gemacht, was muss ich morgen alles tun, warum haben meine Eltern damals so reagiert und nicht anders, wie werde ich in fünf Jahren leben, verkaufen sich meine Produkte gut, habe ich meine Kinder gut erzogen, werde ich im Alter alleine und einsam sein, hätte ich in dem Gespräch nicht etwas anderes sagen sollen und so weiter und so weiter.
Die ganze Zeit beschäftigen wir uns mit Dingen, die wir nicht beeinflussen können. Weder können wir die Vergangenheit verändern, noch die Zukunft vorhersagen. Aber genau diese Beschäftigung mit unveränderbaren und unvorhersehbaren Dingen macht es anstrengend und mühsam. Allerdings tun wir das die ganze Zeit! Und merken es gar nicht.
Leichtigkeit bedeutet das Leben so zu nehmen, wie es ist.
Unsere Angst besteht weniger darin, dass es leicht geht. Wir haben Angst vor dem Ergebnis. Eigentlich wünschen wir uns alle mehr Leichtigkeit und Gelassenheit.
Wir haben aber Angst, dass etwas passieren könnte, wenn wir nicht aufpassen. Also legen wir alle Anstrengungen in unser Tun und Denken, um jede Unsicherheit aus unserem Leben zu verbannen. Wir wollen Gewissheit über die Zukunft haben, wir wollen nur ja nicht Kritik ernten, wir wollen keine Fehler machen, wir wollen alles perfekt haben.
Dass diese Versuche anstrengend, mühsam und schwer sind, ist logisch. Und vor allem: Sie sind unmöglich!
Leichtigkeit stellt sich ein, wenn wir mit allen Aufs und Abs mitschwimmen. Wenn wir das Leben so akzeptieren, wie es ist. Wenn wir nicht dagegen ankämpfen. Wenn wir keine Angst vor dem Ergebnis haben, keine Angst, dass mal etwas schief gehen könnte oder wir Fehler machen.
Wenn wir diese Ängste loslassen können, dann darf es plötzlich leicht sein. Dann nehmen wir Hürden mit Freude, weil wir uns nicht vor dem Sturz fürchten, wir probieren mutig Neues aus, weil wir keine Angst vor dem Versagen haben, wir zeigen uns der Welt, weil es uns egal ist, ob wir Jubel oder Kritik ernten.
Leichtigkeit bedeutet nicht, dass uns alles egal ist oder dass wir uns vor der Arbeit drücken. Ganz im Gegenteil. Wenn wir uns mit Leichtigkeit durchs Leben bewegen, sind wir offen für Möglichkeiten. Wir sind kreativer, intuitiver und produktiver. Wir können mit Schwierigkeiten viel besser umgehen.
Und: Es macht soviel mehr Freude!
Daher stellt sich oft gar nicht die Frage: Darf es überhaupt leicht sein.
Sondern: Sind wir mutig genug, dem Leben mit Leichtigkeit zu begegnen.
Hinterlasse einen Kommentar