Wir Menschen besitzen nicht nur eine Persönlichkeit, sondern verschiedene Anteile, die sich in ihren Ansichten, Normen und Werten sehr oft im Wege stehen. Sobald wir es schaffen unsere inneren Stimmen in Harmonie zu bringen, gelingt uns nicht nur die Kommunikation nach außen leichter, sondern wir werden weniger oft Dinge tun, die wir eigentlich nicht tun wollten.

Wie kommuniziere ich richtig?

Sicher kennst du solche Situationen: Du triffst eine Entscheidung und im Nachhinein bist du gar nicht mehr davon überzeugt, die richtige Wahl getroffen zu haben. In dir werden Stimmen laut, die dich zu hilfsbereit, zu vorschnell, zu aggressiv, zu unkollegial, zu sensibel … schelten.

Der Mensch ist mit sich selbst nicht immer ein Herz und eine Seele. (F. Schulz v. Thun)

Schulz von Thun hat das Konzept des inneren Teams entwickelt. Er zitiert auch gerne Goethe: „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.“

Wenn ich allerdings in mich selbst hinein höre, sind da definitiv mehr als zwei! :-)

Oft genug passiert es, dass wir zu schnell „Ja“ sagen und uns im Nachhinein über uns ärgern. Was geht dann in uns vor?

Vielleicht haben wir eine Hilfsbereite, die es jedem recht machen möchte und gerne hilft. Eine andere Stimme könnte Justitia sein, die darauf achtet, dass uns kein Unrecht widerfährt, dass wir nicht benachteiligt werden, aber auch nicht bevorteilt.

Die Egoistische ist sehr auf sich bedacht und möchte nicht für jemanden anderen arbeiten. Und vielleicht auch noch die Karrieristin, die „ja“ sagt, um damit Gutpunkte zu erheischen und sich Lob von außen erhofft.

Das sind eine ganze Menge, die sich da mehr oder weniger lautstark zu Wort melden! Da kann schon mal ein sehr intensiver innerer Dialog entstehen.

Wie melden sich die Stimmen?

  • Es gibt die Frühmelder und die Spätmelder:

Frühmelder sind sofort da und greifen unmittelbar ins Geschehen ein. Das sind jene, die sofort für ihr Recht eintreten. Oft genug sind es die Frühmelder, die unsere eingefahrenen Glaubenssätze vertreten und uns in unseren Mustern gefangen halten. Sie reagieren automatisiert und sind deshalb schnell zur Stelle.

Spätmelder melden sich erst nach Stunden oder sogar Tagen zu Wort, dann aber mit unabweisbarer Heftigkeit. Die können wir dann nicht mehr überhören und sie quälen uns solange, bis sie Gehör finden.

  • Es gibt die lauten und die leisen Stimmen:

Die lauten Stimmen schreien uns sofort an, wenn wir etwas vermeintlich Falsches getan oder gesagt haben. „Na da hast ja wieder einmal Mist gebaut!“. Sie greifen schnell an, verurteilen sofort und das sehr intensiv und lautstark.

Die leisen Stimmen sind sehr unscheinbar und nur zu vernehmen, wenn wir zur Ruhe kommen und aus unserer Betriebsamkeit aussteigen. Allerdings sind es oft die Leisen, die uns wichtige Botschaften zu sagen haben.

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  • Es gibt willkommene und unwillkommene Stimmen:

Die unwillkommenen sind uns peinlich und unangenehm. Das sind die, die wir gerne versperren und gar nicht ans Tageslicht lassen. Am liebsten würden wir sie für immer zum Schweigen bringen.

Wenn wir diese Stimmen nicht akzeptieren, dann verziehen sie sich ganz tief in uns hinein und übrig bleibt eine Persönlichkeit, die versucht, einen Teil von sich zu ignorieren.

Selbstakzeptanz beginnt aber mit dem Annehmen, vielleicht sogar Willkommen heißen genau dieser unwillkommenen Stimmen. Denn sonst kommen sie durch die Hintertür wieder herein – in Form eines körperlichen Symptoms beispielsweise.

Wie lerne ich das innere Team kennen?

„Willst du ein guter Leiter sein, dann schaue in dich selbst hinein.“ (Schulz v. Thun)

Wenn wir uns mit unseren inneren Stimmen auseinandersetzen, ist das anfänglich vielleicht etwas irritierend, letztendlich aber eine ungeheure Bereicherung. Und wenn wir es schaffen, den zerstrittenen Haufen zu einem Team zu formen, dann sind wir unserer inneren Balance einen Riesenschritt näher.

Wie kannst du nun dein inneres Team kennenlernen und alle zu Wort kommen lassen?

1. Identifizieren

Jedes Teammitglied hat eine Botschaft, die in vielen Fällen nicht sofort erkennbar ist und durch eine Innenschau erst „spruchreif“ gemacht werden muss.

Vielleicht sagst du in manchen Situationen schnell ja und verspürst nur zaghaft den Impuls zu sagen „Nein, seh ich gar nicht ein!“ .

Wer sagt hier „ja“? Und wer „nein“?

Und warum?

Die Botschaft der einzelnen Stimmen ergibt sich durch Selbsterkundung.

Identifiziere im ersten Schritt alle Stimmen. Manchmal dauert es eine Weile, bis sich alle zu Wort melden. Vor allem die Leisen und nicht so Willkommenen lassen sich Zeit. Wenn du allerdings die Geduld aufbringst, dann wirst du deinen ganzen Haufen bald kennenlernen :-).

2. Anhörung

Das passiert teilweise schon mit der Identifizierung. Aber meistens dürfen die einzelnen Mitglieder in der ersten Phase nur kurz zu Wort kommen. In dieser zweiten Phase jetzt sind alle dran, und zwar einer nach dem anderen.

Was hat der Ja-Sager zu sagen? Was der Nein-Sager? Und wer möchte noch etwas sagen?

Sehr gut funktioniert das, wenn du die Pros und Contras aufschreibst. Aber einer nach dem anderen und sehr ausführlich.

Ausdiskutiert wird erst im nächsten Schritt.

3. Freie Diskussion zulassen und anregen

Wenn sich jeder ausgiebig zu Wort gemeldet hat, dann können wir nun eine Diskussion unserer Teammitglieder starten.

Voraussichtlich wird es immer wilder und wilder in dir, alle sprechen durcheinander und Das Gespräch scheint sich im Kreis zu drehen.

Du als Oberhaupt oder Moderator kannst so eine Diskussion ruhig eine Weile zulassen. Wie der Chef eines Teams, weißt du als Moderator, dass erst Ruhe eintritt, wenn alle mal zu Wort gekommen sind und ihre Meinung kundgetan haben.

4. Strukturieren

Sobald du merkst, dass wirklich alle gehört wurden und es keine neuen Meinungen mehr gibt, dann übernimmst du als Oberhaupt das Wort und bringst eine Struktur ins Gespräch, indem du alles nochmals zusammenfasst.

Ein kleines Beispiel von mir:

Es geht darum, dass ich eigentlich einen Artikel schreiben sollte, ihn aber immer und immer wieder verschiebe.

Diskutiert haben die Perfektionistin, die Verunsicherte, die Bequeme und die Ungeduldige.

Die Zusammenfassung von der „Ober-Silvia“ könnte dann so aussehen: Fest steht, wenn ich den Termin jetzt nicht bald bestätige, dann war die ganze Arbeit umsonst. Das würde zwar dir (Verunsicherte) entgegenkommen, denn dann müssten wir gar nicht raus mit dem Artikel und uns würde keine Kritik treffen. Das würde auch dir (Perfektionistin) entgegenkommen. Denn du meinst sowie so, dass die Arbeit noch nicht gut genug ist und wir da noch viel Arbeit hineinstecken müssten. Wenn wir jetzt aber noch länger warten, dann zuckt uns die Ungeduldige komplett aus und die Bequeme ist gar nicht zu noch mehr Arbeit zu motivieren.

5. Brainstorming

Zu guter Letzt muss ein Kompromiss gefunden werden. Womit kann jeder Teil leben?

In meinem Fall:

Frage an die Perfektionistin und die Verunsicherte: Was müsste für dich noch passieren, damit du guten Gewissens den Artikel als beendet ansehen kannst?

Frage an die Ungeduldige: Wie lange kannst du noch warten, bis du komplett aus dem Häuschen bist?

Frage an die Bequeme: Wie viel Motivation hast du noch?

Auch wenn es sich anfänglich „komisch“ anfühlt, lass die einzelnen Stimmen zu Wort kommen. Im privaten ebenso wie im beruflichen Umfeld. Verdränge keine deiner Teilpersönlichkeiten, sie sind alle wichtig. Und wie im richtigen Leben – im Team sind wir einfach stärker :-).

Und nun zu dir: Welche Teammitglieder hast du bei dir entdeckt? Wer ist hilfreich und wer stellt dir gerne mal eine Falle? Wer verhält sich oft ruhig und kommt nur selten zu Wort?

Hinterlasse einen Kommentar. Ich bin gespannt auf dein inneres Team! :-)

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