Dieser Artikel ist mein Beitrag zur Blogparade von Sara Menzel-Berger (Technik-Elfe), in der es um die Psychische Gesundheit im Online-Business geht. Mein Beitrag richtet sich nicht ausschließlich an das Online-Business oder an alle, die darin tätig sind. Denn unsere psychische Gesundheit ist in allen Bereichen, in denen wir Menschen tätig sind, gefährdet. Bei mir war es vor einigen Jahren (wieder einmal) so weit und ich schrammte knapp an einem Burn-out vorbei. Hier erzähle ich dir meine Geschichte und meine wichtigsten Erkenntnisse, die ich, bei dem Versuch mich aus meinem Hamsterrad wieder zu befreien, erlangte.
Als ich mich im Jahr 2014 selbstständig machte, ging ein Traum für mich in Erfüllung. Endlich das tun, was ich immer schon wollte. Endlich nicht mehr nach den Vorstellungen anderer arbeiten müssen, sondern meinen eigenen Weg gehen.
Das erste Jahr verlief genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich arbeitete kreativ und inspiriert, baute mir ein spannendes Netzwerk auf und die ersten Kund:innen fanden den Weg zu mir. Mein Tun fühlte sich leicht und fließend an.
Im zweiten Jahr breitete sich mehr und mehr Frust, Stress und Druck auf. Anfangs kaum wahrnehmbar, nach einigen Monaten nicht mehr übersehbar. Ich verlor meine Inspiration, meine Arbeit fühlte sich schwer an und Freude war zur Seltenheit geworden.
Ging es nur mir so?
Ich schaute mich in der Online-Welt um. Wie ging es anderen Selbstständigen? Fühlten sie sich auch überfordert und überlastet? Aber wohin ich auch blickte, überall sah ich strahlende Unternehmer:innen, die in kürzester Zeit einen 6- oder 7-stelligen Umsatz generierten, die spielend ihr Herzens-Business aufbauten und vom Strand aus reihenweise Kund:innen gewannen.
Da es offenbar so leicht ging, lag es wohl an mir. Ich war unfähig, ich hatte zu wenig Wissen, ich war wohl nicht dafür gebaut, ein erfolgreiches Business aufzubauen.
In den darauffolgenden Monaten buchte ich Coachings, kaufte jeden Online-Kurs, der mir nur annähernd versprach, endlich genug Umsatz und Kund:innen zu erhalten, und las unzählige Bücher.
Aber was auch immer ich tat, nichts half, nichts brachte mir die erwünschte Erleichterung. Der Stress wurde größer und mein Selbstvertrauen geringer.
Bis ich im Jahr 2018 die Notbremse zog. Mir war klar, wenn ich so weiter tun würde, ein Burn-out unausweichlich wäre. Mir war aber auch klar, dass es einen anderen Weg geben musste. Einen leichteren, einfacheren, einen, bei dem ich kreativ und voller Freude arbeiten konnte. Denn immerhin hatte ich dieses Gefühl in meinem ersten Jahr. Nur hatte ich dieses irgendwann unterwegs verloren.
In den nächsten Jahren verschrieb ich mich der Suche nach der Leichtigkeit. Ich wollte herausfinden, wann es schwer wird, was den Unterschied ausmacht und was die tatsächlichen Ursachen für Stress und Druck waren. Es folgte eine spannende Reise, auf der ich mich noch immer befinde und die vermutlich auch nie endet.
Viel zu viele Menschen leiden unter Stress und Druck
Heute mit etwas Abstand, erkenne ich natürlich, dass ich mit diesem Phänomen nicht allein bin und es auch damals nicht war. Viel zu viele Selbstständige landen im Hamsterrad, aus dem sie eigentlich aussteigen oder dort nie landen wollten. Sie verspüren Stress und Druck und leider landen noch viel zu viele im Burn-Out.
Mir ist es damals gelungen, das Schlimmste abzuwenden und das wünsche ich mir natürlich auch für dich, falls du gerade in einer schwierigen Zeit steckst.
Wie meistens bei mir, bekommst du jedoch keine Tipps und Tricks, wie auch du dich von Stress und Druck befreist.
Stattdessen erzähle ich dir meine 3 wichtigsten Erkenntnisse, in der Hoffnung, dass du damit für dich, in dir, deine eigenen Wahrheiten und deinen persönlichen Weg zu mehr Leichtigkeit findest.
Erkenntnis 1: Wir leben in einer Inside-Out Welt
Wie wohl die meisten, habe auch ich bei Stress und Druck die Ursache dafür im Außen gesucht und dann entweder versucht das Außen oder mich selbst zu verändern. Denn meine Überzeugung war, hätte ich mehr (oder weniger) XYZ, dann würde es mir besser gehen. Also tat ich alles, um mehr Umsatz, mehr Kund:innen, mehr Abonnenten zu erzielen. Oder ich versuchte strukturierter und disziplinierter zu arbeiten. Oder ich buchte mir mehr freie Zeit in meinem Kalender. Aber ganz gleich, was ich tat, nichts half.
Bis ich genauer draufschaute und meine erste große Erkenntnis hatte: Der Stress, den ich im Business jetzt empfand, konnte unmöglich von außen kommen. Denn erstens spürte ich diesen im ersten Jahr nicht und zweitens kannte ich dieses Gefühl von Schwere und Druck bereits von früher. Aus meinen früheren Jobs, meinen Beziehungen, meiner Rolle als Mutter.
Ich erzeugte mir selbst den Stress und Druck. Was im ersten Schritt ein ziemlicher Schock war, zu erkennen, was ich mir selbst antat. Im zweiten aber viel Hoffnung gab. Denn wenn ich mir den Stress selbst erzeugte, konnte ich ihn wohl auch selbst stoppen.
Solange wir nicht erkennen, dass Stress und Druck zu 100 % von innen herauskommen, solange jagen wir Dingen, Situationen und Menschen nach, in der Hoffnung, sie könnten irgendetwas tun, damit es uns besser geht.
Und solange wir die Ursache im Außen suchen, solange steigert sich der Stress und Druck. Es ist eine Endlos-Spirale, wir steigen unschuldiger Weise ins Hamsterrad ein und wissen gar nicht warum. Wir tun so viel, um diesem auszuweichen und treten doch nur immer tiefer hinein.
Leichtigkeit, Gelassenheit, Zufriedenheit, aber auch Erfolg, Kreativität, Inspiration und Freude kommen immer von uns. Die Quelle sitzt tief in uns drinnen und kann sich niemals im Außen befinden.
Erkenntnis 2: Unsere Gedanken sagen nicht die Wahrheit
Ach, wie sehr liebte ich früher meinen analytischen Verstand. Ich liebte es zu grübeln und über Probleme nachzudenken. Ich war ungemein stolz auf diese Fähigkeit. Ich habe mich zu 100 % auf meinen Verstand verlassen. Was er mir sagte, war die Wahrheit und ich richtete mich danach. Wenn ich es denke, muss es wohl richtig sein. Oder?
Niemals nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass das, was ich denke und fühle nicht die Wahrheit wäre. Meine Gedanken und Gefühle waren mein Leitstrahl, danach richtete ich mich aus. Fühlte ich mich gut, dann war ich wohl auch gut und alles in bester Ordnung. Fühlte ich mich schlecht, dann war wohl tatsächlich etwas schlecht (und das kam sehr häufig vor).
Es dauerte viele Jahre, bis ich endlich erkannte: Gedanken sind Gedanken und nicht die Wahrheit.
Die Gedanken „ich bin nicht gut genug“ oder „ich kann das nicht“, die so unglaublich viel Stress und Druck in mir erzeugten, hatten nichts mit der aktuellen Situation zu tun. Sie hatten nicht einmal etwas mit mir zu tun.
Sondern es waren alte, antrainierte, konditionierte Gedanken, die mein Verstand sich irgendwann einmal angewöhnte und nun automatisiert ablaufen ließ. Genauso automatisiert, wie ich Auto fahre, meine Zähne putze oder im kühlen Nass schwimme.
All die negativen Gedanken, die wir über uns (und die Welt) denken, sind eine verdammt schlechte Angewohnheit, die sogar zur Sucht werden kann. Wir haben unseren Verstand von klein auf darauf trainiert (uns wurde es so gelernt), auf Fehler zu achten. Also tut er das auch. Er begibt sich auf Fehler-Suche. Und findet sie natürlich überall. „Das ist nicht gut genug. Da warst du schlecht. Das hättest du besser machen sollen. Die anderen sind besser als du. Das ist gefährlich. Da musst du genauer aufpassen. Usw. Usw.“
Ich habe meinen Gedanken so sehr geglaubt und war somit immer mit Zweifeln und Ängsten behaftet. Ich bewertete und verurteilte mich ständig. Ganz gleich, was ich tat, ich bestand niemals die kritische Überprüfung meines Verstandes. Und dadurch setzte ich mich ständig selbst unter Druck und Stress.
Als ich das erkannte, bedeutete es nicht, dass sich diese Gedanken von einem auf den anderen Tag auflösten. Nein, natürlich nicht. Wie könnten sie auch?
Aber ich habe ihnen weniger Glauben geschenkt. Denn ich habe mehr und mehr erkannt: Unser Gehirn ist eine Gedanken-Produzier-Maschine und keine Wahrheits-Maschine.
Erkenntnis 3: Meine Intuition ist mein Kompass
Als ich erkannte, dass ich zwar ständig Gedanken denke, diese aber nicht die Wahrheit sagen und schuld an meinem psychischen Wohlbefinden (oder Nicht-Wohlbefinden) waren, brach meine, mir so sehr bekannte, Welt zusammen. So sehr hatte ich darauf vertraut und mich von ihnen leiten zu lassen. Ich bin ihnen gefolgt, in jedes noch so dunkle Loch, ohne jemals zu hinterfragen.
Nur, wenn ich meinen Gedanken nicht vertrauen kann, worauf dann?
Und eine weitere Frage tauchte in mir auf: Was will ich eigentlich wirklich?
Um dem auf die Spur zu kommen, machte ich einen radikalen Schritt. Einen, der für mich, die ständig am Tun und Hetzen war, eine ziemliche Herausforderung bedeutete: Ich machte nichts.
Ich saß stundenlang in meinem Lieblings-Sessel, starrte in den Himmel und wartete auf einen Impuls. Ich wollte wissen, was aus mir herauswollte, abseits meiner Konditionierung.
Natürlich wehrte sich mein Verstand dagegen, rebellierte, setzte mich unter Druck und spielte mir die erschreckendsten Horror-Szenarien vor. Aber ich ließ mich davon nicht mehr (so sehr) beeindrucken und sah diese Versuche als Entzugserscheinungen.
Nach einigen Wochen wurde es ruhiger in mir und ich konnte tatsächlich erste Impulse in mir spüren. Mal war es ein Spaziergang, der jetzt anstand. Oder ein Blog-Artikel wollte geschrieben werden. Oder ich bekam eine neue Idee für ein Produkt.
In den letzten Jahren habe ich gelernt, meiner Intuition als meinem Leitstrahl zu vertrauen. Sie schickt mir neue Ideen, Impulse und neue Erkenntnisse. Sie warnt mich aber auch, wenn ich mich wieder auf meinen alten, konditionierten Weg begebe. Mein Körper zeigte es mir sofort, indem ich Enge, Schwere, Druck oder Angst in mir spüre.
Habe ich früher versucht, diesen Gefühlen zu entfliehen, sehe ich sie heute als freundliche Warnhinweise und Erinnerungen, dass ich mich gerade von mir selbst entferne und in die falsche Richtung laufe.
Dein Business, dein Leben, dein Weg
Die Notbremse, die ich 2018 gezogen hatte, war aus heutiger Sicht, eine meiner besten Entscheidungen. Hätte ich es damals nicht getan, wäre ich wohl heute nicht mehr selbstständig und/oder ich wäre in einem schweren Burn-Out gelandet.
In einer Welt, in der es ständig um „schneller, höher, besser“ geht, ist es nicht leicht, sich aus diesem Spiel herauszunehmen und seinen eigenen Weg zu verfolgen.
Zu oft hören wir im Außen, was wir alles tun und lassen sollten. Unser Verstand nimmt diese Zurufe dankbar auf und spielt sie uns mit Begeisterung in einer Dauerschleife vor. Nicht weil er uns schaden möchte, sondern weil wir ihm die Führung überlassen haben und er sehr gerne diese Rolle wahrnimmt.
Aber aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass der einzige Weg aus all der Schwere, dem Stress und dem Druck einzig und allein über uns selbst führt. Keine 5-Schritte-Anleitung oder 7-besten-Tipps-und-Tricks-Versprechungen von außen bringen uns die Leichtigkeit, die wir uns so sehr wünschen.
Wir müssen in uns hineinhören, der leisen inneren Stimme lauschen, die Impulse wahrnehmen und unserer Intuition als Kompass vertrauen und folgen. Wir müssen unser eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse machen. Und auch, wenn unser Verstand rebelliert oder die Außenwelt den Kopf schüttelt. Es ist unser Business, unser Leben, unser Weg und es ist unsere Entscheidung, ob wir der leisen Intuition in uns folgen oder dem lauten Verstand.
Liebe Silvia,
danke, dass du deine Erkenntnisse mit uns teilst <3
Ich kann deine Situation sehr gut nachfühlen, auch ich war dort schon ein paar Mal. Bis jetzt habe ich es allerdings nie so radikal geschafft, dass ich mich von meinen Gedanken befreie. Ich kippe immer noch viel zu oft wieder zurück in meine Gedankenspiralen, die mir "etwas vorspielen". Danke für's Vorleben dieses neuen Weges, das macht mir Mut!
Herzliche Grüße,
Sara
Liebe Sara,
ja, ich falle auch noch manchmal drauf rein. Das bedeutet wohl Mensch-Sein 😀. Aber je öfters es dir auffällt, umso leichter kommst du wieder raus.
Einfach dran bleiben :-).
Alles Liebe
Silvia
Liebe Silvia,
die zweite Erkenntnis war – als sie mir bewusst wurde – ein wichtiger, verändernder Moment für mich und da hat der Workshop bei dir einen guten Teil dazu beigetragen.
Aus der Wirtschaft- und Finanzwelt kommend hat mich mein Verstand immer wieder aufgehalten, wirklich meinem Herzen zu folgen. Das geht doch nicht, man kann doch bei wichtigen, weitreichenden Entscheidungen nicht einfach auch dem Bauch heraus intuitiv entscheiden … DOCH und es funktioniert – noch dazu wesentlich besser, als eine Kopfentscheidung. 😍
Zauberhafte Grüße
Beatrice
Liebe Beatrice,
oja, das kenne ich. Ich komme ja auch aus der Wirtschaft. Da waren intuitive Entscheidungen gar nicht gefragt.
Freue mich aber sehr, dass du heute eine andere Sichtweise darauf hast 🧡.
Alles Liebe
Silvia