Als ich vor vielen Jahren meinen ersten Vortrag vor über 300 Menschen hielt, war ich natürlich sehr aufgeregt und nervös. Um meine Nervosität in Grenzen zu halten, bereitete ich mich sehr akribisch auf meinen großen Auftritt vor.
Endlich kam der große Tag. Ich ging auf die Bühne, alle Augen waren auf mich gerichtet und ich begann zu reden. Nach den ersten paar Sätzen hatte ich mein Lampenfieber abgelegt und war ganz in meinem Element. Plötzlich, ungefähr bei der Hälfte meines Vortrages, wurde mir entsetzlich heiß. Ich spürte, wie sich die ersten Schweißtropfen bildeten und mit einem Mal war ich mit den Gedanken mehr bei meinem körperlichen Wohlbefinden, als bei den Sätzen, die ich sprechen sollte. Ich wollte herausfinden, warum ich so zu schwitzen begann. Nach kurzem Überlegen war ich mir sicher: Mein Vortrag musste eine einzige Katastrophe sein und unglaublich langweilig. Ich blickte ins Publikum. Na klar, ein paar Zuhörer gähnen, andere nicken fast ein. Ich war mir sicher, dass ich das unbewusst bereits wahrgenommen hatte und mich dieser Schweißausbruch nur darauf aufmerksam machen wollte.
Mit einem Mal war von meiner lockeren Präsenz nichts mehr zu spüren. Unsicher und gestresst raste ich durch den letzten Teil meiner Rede. Ich hielt mich am Podium fest, blickte immer wieder ins Publikum, nahm aber nur noch ablehnende Mienen wahr. Mir war fast zum Heulen und ich wollte nur noch schnell dieses Fiasko hinter mich bringen.
Knapp wartete ich noch den Applaus ab und hetzte von der Bühne. Die paar lobenden Worte meiner Kollegen und einiger Zuhörer hörte ich gar nicht wirklich, ich wollte nur raus an die frische Luft. Nachdem ich mich wieder abgekühlt und beruhigt hatte, betrat ich erneut den Festsaal. Auf der Bühne stand mein Kollege und war mitten in seinem Auftritt. Plötzlich machte ich eine eigenartige Beobachtung. Auch meinem Kollegen standen die Schweißtropfen auf der Stirn. Ihm allerdings machte das nichts aus, er bewegte sich locker und hielt einen sehr erfrischenden Vortrag. Wie kann das sein, dass auch er so schwitzte, es ihn aber überhaupt nicht tangierte? Mit einem Mal wurde es mir bewusst. Über den Vortragenden hingen zwei riesige Scheinwerfer, die die Bühne ausleuchteten. Dieses Aha-Erlebnis war eine tatsächliche „Erleuchtung“ für mich. Denn der Grund warum ich auf der Bühne so schwitzte, war nicht meine schlechte Performance, sondern die enormen Temperaturen, die von den Strahlen abgeben wurden. Beinahe musste ich laut auflachen, als ich meinen Irrtum erkannte.
Unsicherheiten kommen durch unsere eigenen Gedanken
Das Verständnis der 3 Prinzipien wird deshalb auch Inside-Out Understanding oder „von Innen nach Außen“ genannt, weil ganz gleich, was wir erleben, diese Erfahrung IMMER erst durch unser System wandert und dann eine Reaktion bei uns auslöst.
Die Unsicherheit, die mich während meiner Rede überkam, kam nicht vom Scheinwerfer oder vom Publikum. Sie kam einzig und alleine von meinen Gedanken, die mir suggerierten, dass mein Vortrag wohl fürchterlich schlecht sein musste. Ich nahm ein gelangweiltes Publikum wahr, was nur meine Befürchtungen bestätigten. Meine Kollegen, die mich beobachteten, malten mir ein gänzlich anderes Bild. Sie erzählten mir, dass mein Vortrag unglaublich lebendig und interessant war und das Publikum fleißig am Mitschreiben war. Leider war nur die Luft in dem Saal sehr schlecht, sodass man enorme Mühe hatte, gegen die aufkommende Müdigkeit anzukämpfen.
Von dem Scheinwerfer, von der schlechten Luft – von all dem wusste ich gar nichts. Mein Kollege, der nach mir kam und schon mehrere Auftritte in diesem Saal hatte, wusste von den Umständen. Deshalb wurde er von Hitzewallungen und gähnendem Publikum nicht überrascht, sondern konnte diese Eindrücke ignorieren und seinen Vortrag in Ruhe halten.
Unsere Wahrnehmung täuscht
Dass die Welt keine reine „von Außen nach Innen“-Geschichte ist, ist wohl den Meisten bereits klar. Wir alle „wissen“, dass wir unsere Welt selbst konstruieren und wissen auch irgendwie, dass wir uns selbst den Stress zufügen. Fragen wir aber konkreter nach, warum jemand gestresst ist, kommt so gut wie immer die Antwort: Der Chef, die Familie, die viele Arbeit oder ähnliches. Kaum jemand gibt zur Antwort: Ja, weil ich mir den Stress selbst mache.
Hier täuscht uns unsere Wahrnehmung. Denn manchmal erkennen wir wirklich, dass der Ärger oder die Angst von uns selbst produziert wurde. Viel öfter jedoch glauben wir, dass irgendetwas im Außen der Auslöser für unsere negativen Gefühle war.
Aber kann es tatsächlich möglich sein, dass Umstände im Außen manchmal für unseren Ärger oder ähnliches verantwortlich ist und manchmal wir selbst dafür gesorgt haben?
Ich denke nicht.
Immer von innen nach außen!
Ich glaube einfach nicht, dass je nach Situation oder je nachdem, welchem Menschen wir vor uns haben, unser System von innen-nach-außen auf außen-nach-innen umschaltet und umgekehrt.
Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Schwierigkeiten, denen wir begegnen, genau daraus resultieren, dass wir nicht wirklich verstehen (oder vergessen), wie unser System tatsächlich funktioniert und dass alles, was wir fühlen oder tun, immer eine Reaktion auf unser eigenes Denken ist und niemals eine unmittelbare Reaktion auf Ereignisse im Außen.
Unser System reagiert natürlich auf das Außen, aber immer nur so, wie es den vorhandenen Konditionierungen und Programmen entspricht.
Jetzt höre ich schon ganz viele Stimmen, die sagen: Ja, aber wir sind ja keine Insel. Natürlich wirkt das Außen auf mich. Und wenn es das nicht täte, wäre ich ja ein kompletter Egoist, wenn ich nur noch auf mich schaue.
Vollkommen richtig. Aber wie wir die Welt erleben, ist immer eine Innenbetrachtung und immer durch unsere eigenen Filter gefärbt. IMMER!
Wenn wir das verstehen und erkennen, dann gelingt es uns viel leichter das Spiel des Lebens zu spielen, weil wir nicht mehr gegen unsere Natur ankämpfen, sondern mit ihr fließen. Und mit einem Mal sehen wir die Welt mit neuen Augen.
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