Angst Silvia Chytil

Wir alle tragen unsere inneren Konflikte aus. Sie tauchen auf, wenn das was wir uns vorstellen, mit dem was passiert, nicht übereinstimmt. Das kann im eigenen Denken oder Fühlen geschehen. Doch nur allzu oft werden sie nicht als inneren Konflikt erkannt und die Ursache für das eigene Unwohlsein wird im Außen gesucht. 

Man hat nur Angst, wenn man mit sich selber nicht einig ist.
(Hermann Hesse)

Ich persönlich zähle mich eher zu den konfliktscheuen Personen. Statt einen Konflikt auszutragen, ziehe ich mich lieber zurück und versuche die Angelegenheit mit mir zu klären.

Zumindest dachte ich so. Aber stimmt das auch?

Konflikte, so wie es gemeinhin verstanden wird, spielen sich im Außen ab. Das sind Menschen, die Kriege führen, handgreiflich werden oder laut ihrem Ärger Luft machen. Sie reagieren auf Handlungen, die im Umfeld vollzogen werden. Wieso reagieren aber manche Menschen aggressiv auf Ereignisse und andere wiederum lassen sie ziemlich kalt?

Weil der Ursprung eines Konfliktes in den meisten Fällen im Inneren zu sehen ist. Personen, die mit sich und der Welt im Reinen sind, sind nicht aggressiv oder gewalttätig.

[bctt tweet=“Personen, die mit sich und der Welt im Reinen sind, sind nicht aggressiv oder gewalttätig“]

Für sie gibt es keinen Grund. Sie halten Spannungen aus. Spannungen die eine Diskrepanz darstellen zwischen ihren Erwartungen und Wünschen und dem, was sie draußen vorfinden.

Wie gehen wir mit einem inneren Konflikt um?

Nehmen wir ein Baby. Sobald es Hunger, Durst oder ein anderes Bedürfnis hat, macht es lautstark auf sich aufmerksam. Es weiß sich nicht anders zu artikulieren und trägt daher seinen inneren Konflikt (Hunger, Durst, Schmerzen) auf diese Weise vor und hofft auf eine liebevolle Bezugsperson, die sich kümmert.

Irgendwann werden wir erwachsen. Die Mutter ist nicht immer oder nicht mehr zur Stelle, wenn es uns schlecht geht. Nur wer kümmert sich dann um uns?

Aus meiner Sicht bleiben ganz viele Menschen genau auf dieser Stufe stehen. Sie erwarten – so waren sie es jahrelang gewohnt – dass sich andere Menschen um seine / ihre Bedürfnisse kümmern. Passiert das nicht, wird laut gebrüllt, wild um sich geschlagen (verbal und nonverbal) und mit Vorwürfen herumgeworfen. „Soll sich gefälligst wer anderer darum kümmern, dass es mir gut geht.“ Und geht es ihnen nicht gut, ist jedenfalls jemand anderer schuld. Die Ehefrau, die keine sauberen Hemden in den Kasten hängt. Die Kunden, die nicht genug kaufen. Der Chef, der laufend Überstunden verlangt. Die Politiker, die Nachbarn, die Kinder.

Sie wünschen sich, dass ihre Mitmenschen zu Marionetten werden, die zur Stelle sind, wenn es mal weh tut. Übersehen aber, dass sie selbst Spielfiguren sind. Sie lassen sich so sehr von Menschen oder Situationen aus der Fassung bringen, dass sie verlernt haben, auf sich zu hören. Auf das was sie wollen. Auch auf das, was sie nicht wollen. Und dann selbst in Aktion treten und die Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Und nicht anderen Menschen Schuld dafür geben, dass sie nicht den Mut haben für eigene Fehler einzustehen. Und sich im Gegenzug aber auch alle Lorbeeren abholen, die ihnen gebühren.

[bctt tweet=“Entweder du lebst dein Leben oder du wirst gelebt.“]

Du bist deine Bezugsperson

Von allen Seiten hören wir „Du musst zuerst dich selbst lieben“. Vielleicht ist es für dich weit hergeholt oder klingt esoterisch. Aber ich unterschreibe es und gehe noch weiter. Du musst dich nicht nur selbst lieben, du musst dich in erster Linie um dich selbst kümmern.

Als vor einigen Jahren meine langjährige Beziehung in die Brüche ging, hatte ich ein sehr langes Telefonat mit meiner Schwester. Ich heulte ihr natürlich vor, wie schlecht es mir ginge. Sie hörte auch brav zu und irgendwann sagte sie „Du bist alleine auf dieser Welt.“ Dieser Satz schlug in mir Wellen hoch, ich widersprach heftig. Wir hatten keinen wirklichen Konflikt, aber doch ein kurzes Streitgespräch.

Denn ich verstand es nicht. Wieso alleine? Ich hatte doch Freunde und Familie.

Erst viel später wurde mir die Bedeutung dieses Satzes klar. Was sie natürlich nicht meinte, war, dass ich ab sofort keinen Menschen mehr um mich haben würde und nur mehr alleine durch die Welt wandern müsste. Was sie meinte war, dass jeder Mensch für sich alleine verantwortlich ist. Dafür, dass es einem gut geht.

So wie sich früher deine Mutter oder eine andere Bezugsperson um dich gekümmert hat, bist du jetzt an der Reihe, dich um dich zu kümmern. Niemand sonst weiß, welche Bedürfnisse du gerade hast. Benötigst du deine Ruhe, brauchst du Aufmerksamkeit oder auch Streicheleinheiten. Erst in dem Moment wo du für dich spüren kannst, was du benötigst, kannst du dies auch in Worte packen.

Und du hast den ersten Schritt bewältigt. Du hast einen möglichen inneren Konflikt bereinigt, weil du Rücksicht auf deine Bedürfnisse genommen hast. Und selbst für dich gesorgt hast!

Handeln statt Hinnehmen

Innere Konflikte sind Hinweise auf bestimmte Bedürfnisse, die du bei der Gestaltung deiner Lebensführung berücksichtigen solltest. Es kommt also darauf an, auf diese Hinweise zu hören, herauszufinden, was tut dir gut und was nicht. Und dann danach handeln und für dich Verantwortung übernehmen.

Wie kümmerst du dich um dich? Welche Erfahrungen hast  du hier gemacht?

Hinterlasse einen Kommentar. Ich bin sehr gespannt, was du zu diesem Thema zu sagen hast.

Lebe dein Leben!

Silvia