Leidenschaft im Business Silvia Chytil

Die Freude am Anfang ist riesig. Ich mache meine Leidenschaft zum Beruf. Das Unternehmen wird gegründet, die Motivation ist überbordend, der Tatendrang uneingeschränkt. Doch mit der Zeit beginnt die Zuversicht zu bröckeln. Erste Umsatzeinbußen, Kunden, die nicht so kommen, wie erhofft. Nächte, die statt zum Schlafen, zum Arbeiten verwendet werden. Da kann die Leidenschaft schon mal verloren gehen. Wie es dir trotzdem gelingt, sie zu erhalten, zeige ich dir hier:

Leuchtende Augen

Vor kurzem war ich auf einem Netzwerktreffen mit insgesamt 50 Unternehmerinnen und Unternehmer. Zwei Tage lang haben wir uns ausgetauscht, Kooperationen geschlossen und viel, viel Spaß gehabt haben.

Alle Unternehmer verbindet vor allem eines: Die Liebe zu ihrem Business. Sie brennen für die Sache, die sie tagein tagaus machen.

Da gibt es zum Beispiel den Kollegen, dessen große Liebe der Wein ist. Für uns hat er eine kleine Weinverkostung veranstaltet. Bei jedem Wein, den er uns präsentierte, erzählte er eine kleine Geschichte. Über den Wein, über den Winzer, über die Art und Weise, wie der Rebensaft gemacht wurde. Die Proben erhielten wir nach einem langen und anstrengenden Workshop. Eigentlich wollte ich gar nicht teilnehmen, weil ich müde und hungrig war. Aber ich ließ mich überreden und setzte mich in die Runde. Dann sprach Wolfgang. Mit einer Freude und Leidenschaft, die den größten Wein-Verächter neugierig machte. Seine Augen leuchteten, wenn er uns den Gaumen-Genuss unterschiedlichster Weinreben näherbrachte. Und zum Abschluss gab es Wein und Schokolade. Spätestens da waren sogar die größten Skeptiker überzeugt.

Weiters gab es die Finanz-Expertin, die uns humorvoll und mit enormen Fachwissen klarmachte, doch bitte rechtzeitig auf die Altersversorgung zu achten. Für viele sind Zahlen ein rotes Tuch. Bei ihr allerdings werden diese ungeliebten Zahlen lebendig.

Oder die Coach, deren Herzensthema es ist, introvertierte Menschen den Mut zu geben, sich auf der Bühne der Unternehmenswelt zu zeigen und die Scheu vor anderen Menschen abzulegen.

Die Lach-Yoga Trainerin, die uns mit Lachübungen für den Tag vorbereitet.

Der Podcast-Held, der uns jegliche Angst vor der Technik nahm.

Und viele, viele mehr.

Dieses aufeinander treffen unterschiedlichster Unternehmer-Persönlichkeiten war inspirierend und motivierend.

Zumindest die meiste Zeit.

Denn neben all der Freude, die wir dort teilten, wurden auch immer andere Stimmen laut. Wie schwierig es manchmal ist ein Business zu führen. Wie frustrierend und demotivierend.

Wie in schlechten so in guten Zeiten

Es gibt sie, diese anstrengenden Tage. Wo du in der Früh schon verschläfst, ein Kunde dir kurzfristig absagt, dein Bankberater anruft, weil dein Konto wieder ein gefährliches Minus führt, die Assistentin krank ist und das Kind gleich auch dazu.

Allerdings haben wir uns damals beim Unterschreiben des Gesellschaftsvertrages oder der Eintragung ins Firmenregister geschworen – wie in guten so in schlechten Zeiten.

Das Business ist nichts anderes als dein Partner. Manchmal zickt er einfach. Die unbezahlten Rechnungen der Kunden sind die liegen gelassenen Socken des Partners. Die Stunden, die wir an einem Projekt sitzen und nicht verrechnen können, sind die Stunden die wir am Krankenbett unserer Kinder sitzen.

Viel lieber würden wir in der Sonne unseren Lieblings-Roman lesen und dabei ganz viel Geld verdienen.

Meine große Liebe

Sich zu motivieren ist sicher eine der größten Herausforderung, die wir in Kauf nehmen müssen. Erst im letzten Sommer hatte ich ein entsetzliches Motivationstief. Ein kleines Monster zwang mich in die Knie und ich war sehr knapp davor, den Scheidungsrichter anzurufen.

Woran ich erkenne, dass es doch noch nicht Zeit zum Aufgeben ist? Aus irgendeinem Eck kriecht die Motivation dann doch noch hervor. Langsam, schwerfällig blinzelt sie mir entgegen, winkt mit den Armen – „Nein, nicht gehen, warte noch ein wenig, ich bin gleich bei dir.“ ruft sie mir kraftlos zu. Ja, und dann, nach ein paar Schritten, stellt sie sich zu ihrer wahren Größe auf, sieht mich voller Begeisterung an, berührt mich kurz und schon ist der Funke wieder übergesprungen. Und dann weiß ich – ich habe den schönsten Beruf der Welt.

Das ist meine große Liebe. Ja, ich liebe meine Kinder, meinen Partner, meinen Hund über alles. Aber zu meinem Business habe ich eine ganz besondere Liebesbeziehung. Zugegebenermaßen keine einfache. Wir haben mehr die laute, emotionale, dramatische Beziehung. Immer steht es auf Messerschneide, ob nicht doch einer von uns das Handtuch wirft.

Aber bisher haben wir uns immer wieder zusammengerauft. Und wir werden den Weg gemeinsam gehen, bis dass der Tod uns scheidet.

Schlüssel #1. Lege die Füße hoch

Kennst du sie die Paare, die eine 24/7 Beziehung führen. Sie teilen nicht nur Tisch und Bett miteinander, sondern auch den Schreibtisch. Ich frage mich ja jedes Mal, wie das gut gehen kann. Ein befreundetes Paar führt so eine Beziehung. Sie sind jedoch sehr glücklich miteinander. Weißt du warum? Sie machen getrennt Urlaub. Jeder fährt drei bis vier Wochen im Jahr alleine fort. Das hält die Beziehung frisch.

Für unser Business gilt dasselbe. Wir tragen es ständig mit uns spazieren. Arbeiten wir nicht gerade im oder am Unternehmen, denken wir darüber nach, lesen Fachbücher oder bilden uns fort. Nur auf Dauer erdrückt uns das, trotz oder gerade wegen der großen Leidenschaft.

Eine Kollegin von mir wollte im Vorjahr eine Ausbildung machen. Dazu hat sie sich übers Jahr verteilt 6 Wochen im Kalender reserviert. Kurzfristig entschied sie sich um und stornierte das Seminar. Allerdings – der Urlaub war in ihrem Kalender bereits eingetragen und plötzlich hatte sie ganz viel freie Zeit.

Weniger ist mehr

Sie tat das einzig Richtige. Sie ließ die freien Tage im Kalender und nahm sich diese Auszeit. Ihr Resümee? Dieses Jahr war sowohl ihr produktivstes, als auch ihr entspanntestes Arbeitsjahr bisher.

Was Leistungs-Sportler schon längst wissen, meinen UnternehmerInnen ignorieren zu können. Der Muskel wächst in der Entspannung nicht in der Anspannung.

Versuche es. Blocke dir in deinem Kalender arbeitsfreie Tage und lege die Füße hoch. Tu dir was Gutes.

Es müssen ja nicht gleich ganze Wochen sein. Aber einzelne Tage oder Stunden bringen dir Luft zum Atmen und freie Zeit für dich. Lege dich ins grüne Gras und betrachte den Himmel. Das ist Balsam für deine Seele.

Auch wenn du dir am Anfang denkst, nein, das geht doch nicht. Doch es geht. Ich habe im letzten Sommer 7 Wochen Urlaub (am Stück!) gemacht und hatte noch nie so einen großen Schub in meinem Business, wie in dieser Zeit.

Probiere es aus!

Schlüssel #2. Sei wie der Bambus

Ich liebe das Geräusch, wenn der Wind langsam durch die Blätter eines Bambus streift. Diese Melodie und die Anmut der Pflanze, wie sie sich sanft hin und her bewegt, begeistert mich jedes Mal aufs Neue.

Versuche aber einmal, einen Bambus zu verpflanzen. Soweit du seine Wurzel nicht eingegrenzt hast, wirst du bei dem Versuch ihn auszugraben, kläglich scheitern. Die Wurzeln gehen nicht nur metertief in den Boden, sondern breiten sich quer über das ganze Areal.

Suchen wir nach einer Eigenschaft, die den Bambus am besten beschreibt, ist es wohl „widerstandsfähig“.

Die selbe Widerstandsfähigkeit benötigen wir auch in unserem Unternehmen. Vor langer Zeit sah ich eine Zeichnung, die sehr gut die Diskrepanz darstellt, wie wir uns den Verlauf unseres Business wünschen und wie er tatsächlich verläuft. Unser Wunsch: Eine kontinuierliche, gerade Linie, stetig nach oben steigend. Die Realität: Ein wellenartiges Gebilde, auf und ab, links und rechts ausscherend. Von Stabilität und Geradlinigkeit keine Spur.

Bambus oder Blatt im Wind

Alle paar Wochen treffe ich mich mit einem meiner besten Freunde. Er ist ebenfalls Unternehmer und das schon seit über 20 Jahren. Unsere Treffen gleichen dem Gezeitenspiel der Bay of Fundy an der kanadischen Küste. Dort betragen die Unterschiede zwischen Ebbe und Flut bis zu 15 Metern.

Genauso klingen die Gefühlsschwankungen bei meinem Freund. An einem Tag erzählt er mir mit erfreuter, aber doch gehetzter Stimme, dass er nicht weiß, wie er alle Aufträge, die sich gerade bei ihm stapeln erledigen soll. Er scheint in Arbeit zu ertrinken. An anderen Tagen sitzt er mir frustriert gegenüber und macht sich ernsthafte Gedanken, wie er einen drohenden Konkurs abwenden kann.

Dieses Auf- und Ab hat weniger mit einem Bambus zu tun, als mit einem Blatt, dass sich im Wind treiben lässt.

Unser Business ist ganz natürlichen Schwankungen ausgesetzt. Wir bekommen Druck von außen – Kunden, Termine, Projekte – und lassen diese ungefiltert in unser Inneres. Dort kann sich der Sturm dann austoben und wir meinen vor der größten Katastrophe unseres Daseins zu stehen.

Auf der anderen Seite fliegen wir in den siebten Himmel, wenn ein großer Auftrag an Land gezogen wurde. Fehlt uns Ausdauer, Stabilität und bis zu einem gewissen Grad auch Unverwüstlichkeit, passiert es leicht, dass unser inneres Feuer erlischt. Wir haben dann nicht die Kraft, uns gegen Widrigkeiten zu wehren und nach dem nächsten Fall wieder aufzurappeln und weiter zu gehen.

Geerdet und fest verankert, wissend in welche Richtung wir gehen wollen und trotzdem weich und biegsam in den Wirren des Alltags, ist ein ganz wesentlicher Schlüssel für eine langanhaltende Liebe.

Und einem florierenden Business!

Schlüssel #3. Glaub nicht alles, was du denkst

Hast du sie auch? Die inneren Stimmen, die dir zuflüstern: „Hättest du doch das getan.“ „Du kannst das nicht.“ „Das aber auch immer dir so etwas passieren muss.“

Wir alle schaffen es ohne große Mühe aus einem kleinen Fehlschlag eine Katastrophe zu erdenken, die uns glauben lässt, unmittelbar vor dem Aus zu stehen.

Die Angst unsere große Liebe aufgeben zu müssen und uns und anderen einzugestehen, dass wir gescheitert sind, lässt uns ein Gedanken-Konstrukt bauen und in rege Phantasie ausbrechen, die so manch Hollywood-Regisseur in hellste Freude versetzen würde.

Aber es sind nur Gedanken. Lassen wir diese Gedanken-Spirale zu, bedeutet es, tief im Nebel zu versinken. Wir sind unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, richtige Entscheidungen zu treffen und belasten uns zu allen Überdruss auch noch mit Vorhaltungen und Vorwürfen.

Sei dein bester Freund

Geneen Roth schrieb einmal: Sich bewusstwerden heißt lernen, sich selbst Gesellschaft zu leisten. Und wer das kann, der sollte außerdem lernen, sich selbst eine bessere Gesellschaft zu sein – mitfühlend und herzlich.

Wir müssen uns nicht schelten, weil mal etwas nicht so klappt, wie wir es uns wünschen. Zumeist sind unsere Gedanken nur ein Abziehbild von Erinnerungen aus der Vergangenheit oder Ängsten vor der Zukunft. Sie haben selten etwas mit der Wirklichkeit zu tun.

Sei mitfühlend und herzlich zu dir. Nimm dich in den Arm, überschütte dich mit Küssen, sei dein bester Freund.

Gelingt es dir nämlich deinen Gedanken-Türmen zu misstrauen und sie mit innerer Gelassenheit vorbeiziehen zu lassen, bist du definitiv auf dem Weg zu einem entspannterem und erfolgreicherem Unternehmer-Dasein.

Dann macht es wieder so richtig, richtig Spaß!

Die Liebe zu unserem Business wird im Laufe der Jahre immer wieder auf eine harte Prüfung gestellt. Wir müssen Motivationstiefs durchtauchen, uns gegen zu viel Druck von außen wehren und unsere inneren Stimmen im Zaum halten.

Machen wir daraus einen Kampf und wollen wir mit aller Kraft jegliche Störfaktoren ausschalten, werden wir diesen Kampf verlieren. Das Feuer für die Liebe zu unserem Geschäft am Leben zu erhalten, gelingt uns nur mit ausreichender Distanz und innerer Gelassenheit. Und vor allem, wenn wir gut zu uns sind. Dann wird es tatsächlich ein „Bis, dass der Tod uns scheidet“.

 

Wie erhältst du dir die Leidenschaft für dein Business? Was lässt dich am meisten zweifeln? Welches ist dein „Entspannt-Erfolgreich-Geheimnis“? Ich freue mich von dir zu lesen.