Je näher wir dem Jahresende kommen, umso mehr Stress und Hektik ist für uns spürbar. Ich wundere mich ja schon seit Jahrzehnten, warum der Jahreswechsel immer so überraschend kommt. Zumindest habe ich bei einigen Menschen diesen Eindruck. Alles muss noch erledigt werden, Projekte abgeschlossen, den Umsatz noch einmal so richtig ankurbeln, seit neuestem kommt auch noch der Black-Friday dazu.
Natürlich können wir uns teilweise dieser Hektik entziehen, aber manchmal werden wir einfach in den Trubel mit hineingezogen. Dann passiert auch vielleicht noch etwas Unvorhergesehenes und wir können beobachten, wie uns langsam die Energie und Kraft verlässt. Bis uns plötzlich bereits die kleinsten Kleinigkeiten komplett aus dem Gleichgewicht werfen und wir nur noch gestresst und genervt herumeilen.
Was wir dabei aber übersehen, ist der Auslöser von Stress. Während wir zumeist davon ausgehen, dass die Weihnachtszeit, der Kunde, die Familie, die Kinder, das Wetter, der Fehler, die Kollegen, die Mitarbeiter, das Geld und so weiter, Grund für unseren Stress ist, liegt der Ursprung aber eigentlich ganz woanders.
Stress wird immer durch unsere Gedanken erzeugt
Auch wenn du jetzt vielleicht denkst, ja aber, wenn ich mehr Geld auf dem Konto hätte, dann wäre ich lockerer. Oder wenn der Mitarbeiter diesen Fehler nicht gemacht hätte, müsste ich mich nicht so aufregen. Oder wenn die Kinder in der Früh nicht so trödeln würden, müsste ich mich nicht so hetzen.
Es mag schon sein, dass es dir so vorkommt. Trotz allem: Stress wird immer nur durch unsere eigenen Gedanken erzeugt.
[bctt tweet=“Auslöser von Stress sind IMMER unsere eigenen Gedanken. IMMER! “ username=““]
Jeder von uns erfährt während des Lebens Stress, aber die Erfahrung mit Stress ist sehr unterschiedlich, da er von unserem momentanen Denken abhängig ist.
Etwas, das sich für eine Person als sehr anstrengend anfühlt, ist für die andere ein entzückendes Abenteuer. Nur der Gedanke variiert.
Vor ein paar Wochen hatte ich einen Kunden, der jedes Mal explodieren könnte, wenn jemand zu spät zu einem Treffen kommt. Pünktlichkeit war ihm so enorm wichtig, dass daran sogar einige Freundschaft beinahe zerbrochen wären.
Pünktlichkeit bedeutete für ihn Respekt. Kam also jemand zu spät, deutete er es als Respektlosigkeit seiner Person gegenüber. Das war bei Kunden, Kollegen und vor allem Freunden und Familie jedes Mal ein Drama. Während er wartete, stieg sein Stresspegel stetig an und entweder verließ er den Treffpunkt vorzeitig oder er war beim Eintreffen des Anderen so geladen, dass eine normale Unterhaltung kaum mehr möglich war.
Während unseres Coachings erklärte ich ihm, dass wir immer das empfinden und fühlen, was wir denken. Denken wir stressige Gedanken, empfinden wir Stress. Denken wir entspannte Gedanken, fühlen wir uns entspannt.
In unserer nächsten Sitzung fragte ich ihn, ob sich etwas verändert hätte. Er strahlte mich an, meinte, dass er am Anfang nicht an meine Worte geglaubt hatte, er aber dann eine neue Erfahrung machte. Denn bereits ein paar Tage nach unserem Gespräch traf er sich mit einem Freund, der sich üblicherweise immer verspätet. So auch an diesem Tag. Zuerst merkte er, wie er bei jedem erneuten Blick auf die Uhr langsam zorniger und wütender wurde. Plötzlich erinnerte sich an unser Gespräch. Als nächstes dachte er, dass er eigentlich sehr müde sei und die Zeit des Wartens für ein kurzes Nickerchen nutzen konnte. Er drehte seinen Sitz zurück, schloss die Augen und schlief tatsächlich kurz ein. Erst das Klopfen an das Autofensters weckte ihn. Frisch und gut gelaunt stieg er aus dem Auto aus und hatte einen wunderbaren Abend mit seinem Freund.
Die Tatsache, dass wir uns den Stress selbst mit unserem Denken verschaffen, scheint im ersten Augenblick etwas abwegig, vielleicht auch ungerecht zu sein. Mein Mann sagt in solchen Situationen gerne: Warum bin schon wieder ich schuld. Ja, es mag zuerst so scheinen. Wir wollen doch lieber jemand anderen dafür zur Rechenschaft ziehen, dass wir uns so schlecht fühlen.
Das Erkennen, ist unsere große Chance
Aber das Gute ist doch: Wenn wir selbst für diesen Stress verantwortlich sind, dann können wir ihn auch selbst stoppen. Und das ist eine unglaubliche Chance. Denn statt in der Opferrolle zu verharren und zu hoffen, dass sich das Gegenüber verändert, haben wir selbst in der Hand, wie wir uns fühlen.
Wie wir an dem Beispiel meines Kunden gesehen haben, brauchen wir uns dazu auch nicht verändern. Wir müssen unsere Gedanken auch nicht mühevoll managen oder kontrollieren. Bereits das Erkennen, dass wir auch andere Gedanken denken können, befreit uns und wir können auf Alternativen zugreifen.
Meistens erkennen wir gar nicht, welche Gedanken bei uns Stress auslösen. Sie laufen oft automatisiert ab. Wir nennen das gerne: Jemand drückt bei uns einen Knopf. Auch mit diesem Satz meinen wir, dass eine andere Person oder eine Situation dafür verantwortlich ist, wie wir uns fühlen.
Dieser „Knopf“ ist jedoch der Startknopf für ein automatisiertes, in uns abgespeichertes Programm. Wir alle haben unterschiedliche Programme. Ist es bei dem Einen die Pünktlichkeit, tobt ein Anderer, wenn Sachen unordentlich herumliegen. Der Nächste reagiert, wenn Dinge nicht rechtzeitig erledigt werden. Zumeist verbinden wir mit der Situation einen moralischen Standpunkt. Pünktlichkeit = Respekt. Ordnung = Unterstützung. Erledigen = Vertrauen. Das sind nur ein paar Beispiele, jeder von uns hat andere Verbindungen in sich aufgebaut, zum größten Teil erlernt in unserer Kindheit.
Diese Programme laufen zumeist unbewusst ab. Wir wissen gar nicht, was sich abspielt und merken nur, dass wir innerlich kochen. Um diesen Automatismus außer Kraft zu setzen oder abzuschwächen, müssen wir ihn erkennen. Das gelingt uns nicht, wenn wir schon aus allen Poren dampfen und uns ausschließlich auf unser Gegenüber konzentrieren, was der hätte alles anders machen können.
Der Schlüssel ist, sich daran zu erinnern, dass der Gedanke nicht etwas ist, das uns passiert. Es ist etwas, was wir von Moment zu Moment tun, ob wir es erkennen oder nicht. Wir vergessen leicht, dass wir denken und beschuldigen dann unsere Umstände für unser Unglück und unsere Frustration und unser Verstand dreht sich wild im Kreis, völlig außer Kontrolle.
Was kannst du also tun?
Das Einzige was du tun kannst, ist ERKENNEN, dass du gerade stressige Gedanken denkst. Dass nicht die Außenwelt deine aktuellen, negativen Gefühle erzeugt, sondern dein Denken.
Bitte versuche NICHT, dein Denken zu ändern oder zu mangen. Das bringt gar nichts! Wie bei meinem Kunden – alleine das Erkennen hat gereicht, dass er die Situation mit anderen Augen sehen und anders reagieren konnte.
Es ist auch nicht notwendig, dass du weißt, welche Gedanken dich gerade stressen. Es reicht, wenn du dir sagst: Ah, ich empfinde Stress, also denke ich gerade stressige Gedanken. Das alleine stoppt schon den Automatismus und es werden neue, frische Gedanken auftauchen und dir eine Alternative zeigen, an die du bisher nie gedacht hast.
Die Chance liegt darin, zu erkennen, dass alleine du dich stresst. Und wenn du Stress erzeugen kannst, kannst du ihn auch wieder stoppen.
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