Wunder-Waffe Mensch - Silvia Chytil

Zeit meines Lebens fühlte ich mich der Wissenschaft immer näher zugeordnet. Ich liebte „Wissen“ und glaubte an das, was ich ansehen und angreifen konnte. Sehr bald wurde mir allerdings bewusst, dass es da noch mehr geben musste. Also machte ich Ausflüge in die Spiritualität. Jedoch waren es zumeist nur sehr kurze Ausflüge, denn ich wollte weder an irgendeinen „Gott“ oder „Göttin glauben, noch stundenlang meditieren. Mir war auch nicht ganz klar, warum mir das alles helfen sollte, wenn es darum geht, zu verstehen, wie der Menschen funktioniert.

Heute glaube ich, dass die Wissenschaft und die Spiritualität nicht in zwei entgegengesetzte Richtungen weisen und kein entweder oder ist, sondern sich ganz wunderbar ergänzen. Denn die Wissenschaft kann schon viel erklären, aber eben nicht alles. Eigentlich ist es eher so, je mehr wir versuchen zu verstehen, umso mehr verstehen wir, dass wir nichts wissen. Und definitiv können nicht alle Probleme alleine durch „Ooommm“ gelöst werden, aber mehr zur Ruhe zu kommen und sich selbst besser kennen zu lernen, ist definitiv etwas, was uns alle zu Gute kommt.

Warum ist es so wichtig, zu wissen, wie wir als Menschen funktionieren?

1. Damit wir unser „Leiden“ beenden können. Was sich heutzutage durch Ängste, überzogene Sorgen, Druck, Dauer-Stress, Burn-Out und damit einhergehende körperliche Auswirkungen zeigt.

2. Damit wir den Raubbau, den wir gerade auf unserem Planten vollziehen, stoppen können.

Denn aus meiner Sicht hängt das Eine mit dem Anderen zusammen. Zu erkennen, woher unsere Ängste, Sorgen, „Streben nach mehr“ kommt und zu wissen, wir wir das stoppen können, macht uns zu zufriedeneren Zeitgenossen. Das wiederum bedeutet, dass wir nicht um jeden Preis unser Leben „verbessern“ und auf Kosten anderer unser „Glück“ vermehren brauchen.

Der Mensch ist eine Wunder-Waffe. Mit unserem Verstand sind wir ein Wunder der Natur. das seinesgleichen in diesem Universum sucht (zumindest nach heutigem Wissensstand). Genau dieser Verstand jedoch ist eine hochgefährliche Waffe, die alles Leben auf dieser Erde zerstören kann.

Wir besitzen diese Waffe, ohne zu wissen, wie wir sie bedienen sollen. Bereits Goethe sagte: Der Verstand ist wie die Sittlichkeit, ein guter Diener, aber ein schlechter Herr. Und Albert Einstein sagte: Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk, und der rationale Verstand ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.

Nicht wir benutzen den Verstand. Nein, der Verstand benutzt mittlerweile uns. Wir, also eigentlich viel mehr unser Gehirn, ist so einfach zu sabotieren und zu manipulieren, dass wir es gar nicht bemerken oder es für uns schon zur Gewohnheit geworden ist. Die Werbung macht es uns tagtäglich vor. Aber eben nicht nur die. Auch Nachrichtigen, Fernsehen, Politik und auch Facebook, Google und Co macht sich diese einfache Manipulierbarkeit zu Nutzen.

Und wir glauben immer noch an einen freien Willen. Wir glauben immer noch an Willenskraft. Wir glauben immer noch daran, dass wir frei entscheiden, welche Zahnpasta wir kaufen, welche Nachrichten wir sehen, welche Partei wir wählen, dass es uns nichts angeht, wenn im Meer keine Fische mehr schwimmen, wir keine Bienen mehr haben, die unsere Pflanzen bestäuben und es egal ist, wenn der Regenwald gerodet wird. Das hat doch nichts mit uns zu tun. Wir glauben immer noch, dass wir uns nur noch mehr anstrengen müssen, um endlich den Erfolg zu haben, den wir uns wünschen. Und mit diesem gleich auch mehr Zufriedenheit einzieht. Wir sitzen im Warmen, essen Fisch aus der Dose, im Garten blühen die Blumen und endlich haben wir einen richtigen Sommer. Außerdem leisten wir immer mehr und mehr. Wo ist das Problem?

Zum Glück gibt es immer mehr Menschen, die erkennen, dass wir da ein sehr großes Problem haben. Wir den Globus nicht noch erwärmen, nicht jeden qm2 verbauen, Artenvielfalt schützen und wir vor allem auf uns selbst besser aufpassen sollten.

Aber eigentlich sind unsere Probleme mittlerweile so groß, dass wir gar nicht wissen, wo anfangen. Also ist der erste Reflex, dass wir uns vor der Welt schützen wollen. Wir bauen wieder Grenzen, isolieren uns, halten uns Fremdes vom Leib. In der Hoffnung, dass uns damit das „Böse“ nicht einholt. Tief drinnen zwar wissend, dass das nicht die Lösung sein kann, aber was Besseres fällt uns grad nicht ein.

Gus Speth, ein amerikanischer Klima-Anwalt, sagte: I used to think that top environmental problems were biodiversity loss, ecosystem collapse and climate change. I thought that thirty years of good science could address these problems. I was wrong. The top environmental problems are selfishness, greed and apathy, and to deal with these we need a cultural and spiritual transformation. And we scientists don’t know how to do that.” (Übersetzt: Früher dachte ich, dass die größten Umweltprobleme der Verlust der biologischen Vielfalt, der Kollaps der Ökosysteme und der Klimawandel seien. Ich dachte, 30 Jahre gute Wissenschaft könnten diese Probleme angehen. Ich habe mich geirrt. Die größten Umweltprobleme sind Egoismus, Gier und Apathie, und um mit ihnen fertig zu werden, brauchen wir eine kulturelle und spirituelle Transformation. Und wir Wissenschaftler wissen nicht, wie man das macht!)

Ja! Wir müssen umdenken. Wir brauchen eine Transformation. Lieber früher, als später. Es reicht nicht, ein neues Umwelt-Programm zu starten, wenn wir doch weiterhin Produkte kaufen, die genau jene Firmen unterstützt, die mitverantwortlich an der Zerstörung der Umwelt ist. Es reicht auch nicht, noch mehr zu arbeiten, nur um dann noch tiefer in die Unzufriedenheits-Spirale zu versinken.

Wie sollte dieses Umdenken, diese Transformation aussehen?

Wir müssen lernen und verstehen, wie die „Wunder-Waffe“ Mensch funktioniert.
Unsere Irrtümer und Missverständnisse erkennen, den Trick, der hinter all dem steht.
Die unbewussten und automatisierten Abläufe unterbrechen und ganz bewusst wieder das Steuer in die Hand nehmen.
Wir müssen unser Bewusstsein heben und ganz gezielt auf die Probleme hinsehen, mit denen wir konfrontiert sind.

Denn nur dann können wir aus der „Opfer-Rolle“ aussteigen, in der sich viele von uns befinden und sich hilflos fühlen. Jene, die zwar gerne etwas tun würden, aber nicht wissen was und wie. Und aus Unwissenheit, aber vielleicht auch aus Resignation ihr Leben mehr oder weniger so weiterführen, wie bisher.

Die Wissenschaft ist wunderbar und enorm wichtig. Aber wir müssen erkennen, dass die Wissenschaft eben (noch) nicht alles weiß und nicht alles erklären kann. Wir dürfen aber auch nicht blind irgendeinem Guru oder Führer folgen, der das Heiland verspricht.

Wir dürfen uns nicht mehr nur auf unser „Wissen“ oder „Glauben“ verlassen. Es wird Zeit, uns wieder mehr unserer „Weisheit“ zu bedienen.

Diese Weisheit steckt in allen von uns. Wir haben sie nur vergessen.

[bctt tweet=“Weisheit steckt in allen von uns. Wir haben nur vergessen, wie wir sie benutzen können.“ username=““]

Wir haben vergessen, wie wir diese Intuition und Inspiration anzapfen. Wie wir Problem nicht nur mit dem analytischen, klaren Verstand lösen, sondern auf kreative und spielerische Art. Wir uns im Nichts und im Nicht-Wissen aufzuhalten und daraus die großartigsten Werke zu erschaffen. Wie das geht, einfach nur dazusitzen und mal gar nichts zu tun. Und wir haben auch vergessen aus dem Vollen zu schöpfen und das Wunder der Natur in jedem Blatt, jedem Schmetterling, jeder Rose zu erkennen. Und in JEDEM Menschen.

Wir müssen es nur wieder sehen und erkennen und Wissen und Weisheit verbinden .