Glaubenssätze auflösen

Stellen dir kurz vor, du lebst als kleines Küken in einem Ei. Deine ganze Welt spielt sich innerhalb dieser Eischale ab. Damit du es gemütlich hast, richtest du es dir ganz besonders kuschelig ein.  Du kaufst ein bequemes Sofa, kuschelst dich in eine weiche Decke und drehst deine Lieblingsmusik auf.

Eines Tages klopft es von außen an deine Schale. Die Schale bekommt einen kleinen Riss und du siehst den Schnabel eines anderen Kükens. Es schaut dich ganz begeistert an und sagt „Hey, komm raus da. Da scheint die Sonne und es sind ganz viele andere Küken da, wir können gemeinsam spielen.“

Aber du lehnst ab. „Bei mir ist es so gemütlich und ich habe alles, was ich brauche.“ sagst du.
Von draußen hörst du lachende Stimmen. Vielleicht solltest du doch raus. Nein, besser ich kaufe mir noch einen Fernseher, dann sehe ich auch was von der Welt.

Mit der Zeit wirst du aber unglücklicher und einsamer. Jeden Abend sitzt du alleine an deinem kleinen Tisch, isst täglich dasselbe Essen und schaust immer die gleichen Sendungen. Du siehst nichts anderes als die Wände deiner Schale.

Durch den kleinen Spalt in der Schale blinzelst du hinaus und siehst tanzende, lachende Küken. Was dich gleich noch unglücklicher macht.

„Ja, denkst“ du dir „die haben Glück. Die können da draußen sein, aber ich kann das nicht. Ich bin dafür nicht geschaffen. Außerdem ist es draußen auch viel zu gefährlich. Ist ja eh alles gut, wie es ist.“ Beruhigst du dich.

Die meisten von uns leben in so einem Ei. Aber anstatt die Eischale durchzubrechen und hinauszugehen, richten sie es sich innerhalb ihrer Grenzen gemütlich ein. Blicken zwar neidisch hinaus, wagen aber nicht den ersten mutigen Schritt. Sie haben Angst, dass sie dem nicht gewachsen sein könnten oder glauben, dass die große, weite Welt nicht für sie geschaffen sei. Oder meinen, das tut „man“ nicht, das ist nicht professionell oder sie sorgen sich, was Andere denken könnten. Irgendwann hören sie auch auf, darüber nachzudenken, und geben sich mit dem zufrieden, was sie haben. Auch wenn das Stress, Druck und Unzufriedenheit bedeutet.

Ich bin NICHT mein Bankkonto!

Wir Menschen sind für ein Leben in Mangel nicht geschaffen. Ganz im Gegenteil. Wir sind für ein Leben in Fülle geschaffen.

Aber ich meine damit nicht, noch mehr zu besitzen. Nicht nach noch mehr Geld, Beziehungen und Anerkennung zu streben.

Ein Leben in Fülle bedeutet für mich, die Gewissheit zu erlangen, unabhängig von dem was wir besitzen, was wir können und unabhängig davon, was im Außen passiert.

Das erste Mal wirklich erkennen konnte ich es, als ich an meinem absoluten, finanziellen Tiefpunkt angelangt war. Mein Business lief überhaupt nicht, ich hatte mein gesamtes Vermögen in Ausbildungen gesteckt, die sich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht amortisiert hatte.

Eines Tages ging ich in den Supermarkt und wollte etwas kaufen. Da ich selten Bargeld bei mir trage, wollte ich wie immer mit meiner Bankomatkarte bezahlen. Aber leider schien auf dem Gerät die Nachricht auf: Limit überschritten. Ich stand dort an der Kasse, die Kassiererin glaubt noch an einen technischen Defekt. Ich allerdings wusste. Auf meinem Bankkonto ist absolut kein Geld mehr. Ganz im Gegenteil. Dort prahlte mir ein dickes Minus entgegen.

Ich gab den gesamten Einkauf wieder zurück, eilte nach Hause und überprüfte meinen Kontostand. Ja, ich hatte mich nicht geirrt. Da war nichts mehr. Alles weg. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes bankrott.

Früher hätte mich diese Erkenntnis komplett aus der Bahn geworfen. Zuerst wäre es mir schon unheimlich peinlich an der Kassa zuzugeben, dass ich kein Geld habe. Dann hätte ich mir in den grellsten Farben meine kümmerliche Situation vorgestellt. Welch eine Versagerin ich doch wäre. Dass ich auf Almosen angewiesen bin und nicht fähig, mein Business zum Laufen zu bringen. Dann wäre ich im Boden versunken, weil ich meinen Mann um Geld bitten musste.

Aber alles kam ganz anders. Ich lachte beim Anblick des Bankstandes laut los. Mir war es vollkommen egal, nein, eigentlich fand ich es witzig. So also fühlte es sich an, wenn man bankrott ist. Es fühlte sich großartig an. Ich rief meinen Mann an und bat ihn unter Lachen, er möge mir doch bitte aus der verzwickten Lage helfen und er tat es.

Danach verschwand ich keinen einzigen Gedanken mehr an mein Bankkonto.

Früher hätte ich mir wahrscheinlich gedacht, das ist aber sehr leichtfertig, so einer Situation so ruhig und gelassen gegenüber zu stehen.

Aber ich habe eines erkannt:

ICH BIN NICHT MEIN BANKKONTO.
Ich bin nicht das Geld, das ich verdiene (oder nicht verdiene).
Ich bin nicht die Menschen, die das gut oder schlecht finden, was ich tue.
Ich bin nicht das Business, das gerade nicht so gut lief.
Und vor allem bin ich nicht die Gedanken, die auf mich einplapperten.

Nein, ich konnte ein sehr glücklicher und zufriedener Mensch sein, der kein Geld auf dem Konto hatte.

Fülle ist nur ein Gedanke entfernt

Bereits in sehr jungen Jahren hatte ich einen Gedanken: Ich kann in einem Schloss glücklich und unglücklich sein. Genauso kann ich in einer Lehmhütte glücklich oder unglücklich sein. Nicht die äußeren Umstände haben Einfluss auf meinen Gemütszustand, sondern das, was ich über diesen Umstand denke.

Obwohl ich diesen Gedanken hatte, konnte ich jahrelang nicht danach leben. Ich ließ mich auch von dem allgemeinen Hype nach „mehr“ gefangen nehmen. Tief drinnen wissend, dass es mich und alle anderen Menschen nur unglücklich macht, stieg ich doch in dieses Hamsterrad ein und blieb dort für sehr lange Zeit. Ich war gefangen in meiner eigenen, kleinen Eischale. Ja, ich hatte es dort sehr gemütlich. Redete mir auch ein, dass das genau so gehört. Nur wirklich zufrieden und glücklich war ich dort nicht.

Irgendwann wollte ich die Sonne nicht mehr durch einen kleinen Schlitz sehen, sondern ich wollte sie direkt auf meiner Haut spüren.

Und ja, manchmal passiert es, dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen. Dass es vielleicht zuerst mal steil bergab geht, bevor es bergauf geht. Wie mein Bankkonto mir gezeigt hat.

Aber wenn wir erkennen, dass unser Wohlbefinden komplett unabhängig davon ist, in welchen Umständen wir uns gerade befinden, dann zerschlagen wir die Eischale. Dann befreien wir uns von einengenden Gedankenmuster und falschen Identifikationen.

Wir können immer in Fülle leben. Wir können immer zufrieden sein. Wir sind nur einen Gedanken davon entfernt.